Bericht über einen 4-tägigen Verkostungs-Marathon von Bernd Klingenbrunn
Freitag mittag, 15:00 Uhr, Messehalle. Alle warten auf den Startschuss!!!
Gerne lasse ich die Eindrücke von solchen Mammutverkostungen auch erst mal ein paar Tage sacken. Denn, was nach 4 Tagen intensiven Verkostens von Weinen und vielen Begegnungen mit Winzern an Erinnerungen jetzt noch so präsent ist, muss dann doch ganz gut gewesen sein. Der Härtetest für die Weine allerdings folgt erst noch. Am 24.03.2007 werden wir in einer kleinen, internen Runde hier in Frankfurt die Mitbringsel probieren. Ich hoffe doch, dass zumindest der ein oder andere Weine so überzeugt, dass eine Woche „Arbeitsurlaub“ ab Ostermontag im Burgund gerettet ist 😉
Es gab bei vielen Weingütern vereinzelt sicher Highlights, entscheidend ist für uns aber das Ganze. Ist die Produktpalette von A-Z schlüssig, ist eine persönliche Handschrift erkennbar, stimmt die Chemie mit den Anbietern. Und: stimmt der Preis!
Jetzt, 14 Tage nach der Messe kann ich dies von folgenden Anbietern behaupten.
Domaine Berthenet / Montagny-les-Buxy / Cote Chalonnaise
2005 Bourgogne Aligote « Vieilles Vignes »
Fast 60jährige Reben, geprägt von einer intensiven, fast schon beängstigenden Mineralität, wie ich sie bei keinem Aligote auf der Messe gefunden habe. Trotzdem nicht abgehoben im Sinne von „versteht keiner“. Frucht und Cremigkeit am Gaumen, schöner Trinkfluss. Einstiegswein auf sehr hohem Niveau.
Vor 3 Tagen nachprobiert, braucht etwa 20 Minuten bis er sich offen zeigt, dann Noten von grünem Apfel, ganz feine, samtig-cremige Konsistenz im Mund, bleibt recht lange präsent. Gute Wahl. Tendenziell um die 85/100 Punkte
2004 Montagny 1er Cru « Les Vieilles Vignes »
Anfangs sehr verschlossen ; nach 1 Stunde schöne Fruchtnoten nach gelben, reifen Birnen, Säure wunderbar integriert, sehr fest am Gaumen. Frucht dominiert, recht straff, Birnenfrucht blitzt immer wieder auf, dazu feine Mineralik, Frucht bleibt lange, gute Struktur. Braucht viel Luft und sicher noch etwas Zeit auf der Flasche. 90/100 Pkt.
Domaine Michel Cheveau / Solutre – Pouilly
Dank Thorsten stand dieses Weingut auch auf meiner Liste. Auch hier durchgängig Weine mit wunderbarer Struktur und Mineralik zu tollen Preisen. Die beiden vorgestellten roten Gamay fand ich allerdings nicht besonders, da gab´s von der Domaine Desperrier aus Romaneche-Thorins, wunderbare Unikate fürn Appel und ein Ei.
2005 Macon-Solutre „Sur le Mont“
Dicht und konzentriert am Gaumen, viel Druck, nicht schwer. Wunderbar frisch, zeigt eine tolle Mineralik und Kühle bei schöner Frucht 87/100 Pkt
2005 Saint-Veran „Terroir Davaye“
Ein Wein mit großer innerer Dichte, viel Mineralik, Frische und Frucht. 89/100
2004 Pouilly-Fuisse „Les Trois Terroirs“
völlig vernagelt, nichts aber auch nichts zu erahnen. Keine Wertung
2005 Pouilly-Fuisse „Les Vieilles Vignes“
viel Druck, sehr gute Konzentration und Statur, bestens strukturiert, viel « Maul voll Wein » und immer wieder diese beeindruckende, wie ein roter Faden sich durchziehende Mineralik gepaart mit viel Frucht und reichhaltiger Frische. 90/100 Pkt
2005 Pouilly-Fuisse „Aux Bouthieres“
Unglaublich tief, eine wunderbar frische Frucht, Mineralik ohne Ende. Klasse Wein 91/100 Pkt
Werde ich auf alle Fälle besuchen, egal wie die Entscheidung ausfällt, denn das sind unglaublich gute, bezahlbare Weine aus dem Maconnaise mit einzigartiger Handschrift.
Domaine Larochette-Manciat / Chaintre / Maconnaise
Hier angekommen, mussten wir uns mit einem eher gelangweilten und desinteressierten Olivier Larochette auseinandersetzen. Keine Initiative von ihm ausgehend, er schaute lieber in den Tiefen der Halle umher. Eigentlich muss ich das nicht haben, und wollte weiter gehen, aber ich war ja nicht zum Vergnügen hier. Dabei müssen sich seine Weißweine nicht verstecken, im Gegenteil.
2005 Macon St. Veran « Vieilles Vignes »
Auch bei seinem Weinen steht die mineralische Komponente deutlich im Vordergrund.
Olivier Larochette ist noch ein recht junger und äußerst talentierter Winzer. Wichtig für den Perfektionisten ist der authentische Abdruck seiner Böden im Wein. Dieser Macon war für kurze Zeit im Eichenfass, was aber eher dezent zu schmecken ist. Wunderschöne, leicht goldgelbe Farbe, in der Nase Noten von Nüssen, etwas Butter und gelben Früchten, mineralisches Finish. 88/100 Pkt.
2005 Pouilly Vinzelles « Les Longeays »
Ebenfalls Ausbau im Holz, klar und glänzend, komplexe Nase von weißen Pfirsichen, etwas Limette, auch nussige Noten. Insgesamt von großer Sanftheit mit schöner Länge.88/100
2005 Pouilly Fuisse « Tradition »
Klare, eher ins grünliche tendierende Farbe, reichhaltige Nase nach Zitrusfrüchten, viel Kraft bei schöner Frucht und Struktur und wunderbarer Mineralität. Braucht noch Zeit. Jetzt 89/100
Gegen Ende – als wir uns als Händler vorstellten – war dann der gute Olivier auch etwas gesprächiger, aber ein Verkaufsgenie wird er wohl nicht werden. Vielleicht hat er sich aber einfach auch nur mit Kunden auf dieser Endverbrauchermesse herumgeschlagen, die seine sehr individuellen Weine nicht verstehen. Wir haben es. Leider keine Flaschen mitgenommen Schlichtweg verpennt am Montag 🙁
Domaine Demangeot / Change
Auch hier konnte man sich auf die Tipps von Thorsten alias Thvins verlassen. Die Weine haben im Gegensatz zu den vorgenannten vielleicht eine eher etwas kommerziellere Art, was ja erst einmal für uns Händler von Vorteil ist. Wir wollen die Weine ja nicht lagern. Die Preise liegen im Vergleich im Einstiegsbereich einen Tick höher als z.B. Berthenet.
Positiv die überaus freundliche und zuvorkommende Art des Winzerpaares Maryline und Jean-Luc Demangeot.
2005 Bourgogne Aliote
einfach ein Spaßwein, kommt rund und mit saftig-reifen Früchten daher, eher schmelzig denn mineralisch. 86/100 Pkt.
2005 Bourgogne Hautes Cotes de Beaune blanc “Cuvée Delphine Saint Eve”
dichter, konzentrierter, floraler. Auch hier sehr ausgewogen und rund, gut strukturiert, mit gelben, reifen Früchten, reich an Aromen, schöner Nerv an Säure. Ich seh die Schalentiere, zu der dieser Wein passen würde, schon vor mir!
2005 Bourgogne Hautes Cotes de Beaune rouge “Les Demoiselles”
wunderschöne, reiche rubinrote Farbe; Im Duft viel Kirsche und Himbeere, fruchtig, rund und harmonisch, seidiges Tannin, Tiefgang und Nachhaltigkeit 88/100
2005 Bourgogne Hautes Cotes de Beaune rouge “Cuvée Amandine Poinsot”
Im Schnitt 40-60 jährige Reben, leicht öliger Touch auf der Zunge, was wohl an der Konzentration der alten Reben liegt. 12 monatiger Ausbau im Holz. Granatfarben, reiche Nase nach Himbeere, Schattenmorellen, Johannisbeeren. Viel Struktur, reich an Aromen, kann sicher in der Karaffe noch gewinnen und ist noch viel zu jung.
Chateau de Chamilly / Cote d´Or / Cote Chalonnaise
Wo die Ernte zu 95% aus Rotwein besteht (Mercurey) da sollte man auch mal in die Weißen reinschnuppern. Eigentlich auch keine Entdeckung mehr, denn Madame Desfontaine ist in Deutschland schon bei vielen Händlern präsent, was dann aber wiederum für die Qualität und den Preis spricht.
Die Weißen, also Bourgogne Aligote, der Blanc aus Chardonnay und der Mercurey sind wohl gelungen, mit viel Frucht und einem Hauch Mineralität durchzogen.
Die Roten haben mir dennoch noch einen Tick besser gefallen.
2002 Bourgogne rouge Cote Chalonnaise
Klassisch; viel Frucht, Kirschen, Brombeeren und Himbeeren, sehr robust gebaut, aber auch feinste, klare Fülle. Für einen 2002er erstaunlich frisch. 86/100 Pkt.
2002 Mercurey 1er Cru “Les Puillets”
Kirschfarben, schöne Viskosität im Glas, eher kühl-fruchtig, Mandeln. Am Gaumen enorm dicht, immer noch zu jung, braucht viel Luft. 90/100 Pkt.
Domaine Tortochot / Gevrey-Chambertin
Eine deutsch sprechende Winzersgattin erleichterte uns etwas die Arbeit, wir hätten vielleicht etwas früher an den Stand kommen sollen, dann hätte ich auch außer einer « Gnadenflasche » Bourgogne Cuvée Fine Selection (Basiswein) etwas mehr an Weinen erhalten. Bei diesen Weinen hat mich einfach die Stilistik fasziniert. Im ersten Moment völlig unspektakulär daher kommend, macht sich nach 15-20 Sekunden eine Aromatik und Tiefe im Gaumen breit, wie ich sie bisher bei keinem deutschen Burgunder erlebt habe. (mit Abstrichen Duijn´s SD aus 99)
Farblich eher hell, in der Nase aber mit viel Ausdruck von hochreifen Früchten. Viel Wärme und Eleganz – bei viel Kraft – ausstrahlend. Schon der Einstiegsburgunder 2005 Bourgogne Cuvée Fine Selection ist sehr schön, vielleicht ein bissel rustikal, aber ein ehrlicher Zeitgenosse, der mit seiner Adstringenz, aber keinesfalls grünen Aromen, immer animierend wirkt 85/100 Pkt
2004 Gevrey-Chambertin « Les Corvees »
der offenste von allen probierten Weinen, macht schon viel Spaß. 88/100
2004 Gevrey-Chambertin « Champerrier Vieilles Vignes »
präsentierte sich enorm tanninbetont, dies aber von bester Güte ; schön auch, dass nach dieser Tanninattacke die Frucht dennoch den Weg zurück auf den Gaumen fand. 90/100
2004 Gevrey-Chambertin 1er Cru “Lavaux St. Jacques”
Was könnte ich mir in den allerwertesten treten, dass ich nicht schon Freitag am Stand der Tortochots war. Eine Eisenfaust in Samthandschuhen. Was für eine Kraft! Unglaublich elegant und feinsinnig. Kirsch- und Gewürznoten en masse, beste Struktur, saftig-fleischig. Großartiger Wein, aber leider ausverkauft. Muss ich ab Ostermontag besuchen!
Fazit: Auch im Burgund gibt es großartige Entdeckungen zu machen, je südlicher, je besser im Preis/Wert/Genussverhältnis stehend. Insbesondere bei den Tortochot-Weinen kann ich verstehen, welch Faszination die Region Burgund und Ihre Weine ausüben kann.
Natürlich war ich nicht nur im Burgund unterwegs, ich habe auch einige meiner favorisierten Winzer besucht. Aus dem Beaujolais, dem Fronsac und noch bei vielen anderen. Die Eindrücke werde ich in nächster Zeit in loser Reihenfolge hier unterbringen.