Besuch bei Janisson-Barandon in Epernay
Ostern 2006
Champagner übt auf viele Menschen immer noch eine Faszination aus. Doch vieles, was als Champagner auf den Markt kommt, ist meiner Meinung nach den Namen nicht wert. Zu austauschbar, uniform, ohne den Kick, den ein großer Champagner auslösen kann.
Auf einer Messe im Februar kam ich nach der Probe vieler enttäuschender Champagner am Stand von Cyril Janisson vorbei. Dort angekommen und nach einem Blick auf die Verkostungsliste musste ich wohl den berühmten 6er im Lotto gezogen haben. “NICHTS mehr zu kaufen habe er da, restlos ausverkauft sei er, sagte Cyril mit einem Blitzen in den Augen, allenfalls die „demi-bouteille“ des Brut wäre noch da. Probieren können wir jedoch schon noch.“ Na toll!
Doch schon der erste Schluck lies mich im Innersten juchzen. Hier waren wir richtig. ENDLICH Champagner. Feinste Aromen nach Zitrus, Brot, etwas Brioche, im Mund endlich das Mousseux – fernperlig und elegant – wie ich es mir wünsche, am Gaumen frisch, Finesse und Struktur und ausgesprochen lange im Mund schmeckbar. Ja, dass ist Champagner.
Mein berühmtes Bauchgefühl intonierte: hier waren wir nicht das letzte Mal. Und so kamen mir die Osterfeiertage gerade recht, in meinem 7-tägigen Frankreich Exkurs das Haus Janisson-Baradon in Epernay zu besuchen.
1922 von Georges Barandon gegründet, produziert das Familienunternehmen heute pro Jahr etwa 70.000 Flaschen, bei unserem Besuch warteten ca. 100.000 Flaschen auf das Degorgement und den Verkauf.
Mit Cyril Janisson
stieg im Jahre 1997 die 5. Generation in die Produktion ein, nachdem er sein Studium und diverse Praktika im Beaujolais und Burgund beendet hatte. Seit jenem Jahr wird nun auch in besonderen Jahren Lagen-Champagner (Toulette) hergestellt.
Dieser wurde früher üblicherweise mit einer Kordel verschlossen (bis ca. 1900), heute ist diese Art des Verschlußes aber verboten. Aber Cyril wusste sich zu helfen und konterte die Bürokratie geschickt aus. (Siehe Foto)
Grundsätzlich werden die Weinberge natürlich gedüngt, es werden keine Herbizide und Pestizide verwendet. Eng mit der Tradition verbunden, werden die Grundweine des Hauses Janisson-Baradon schon immer selbst gekeltert, gelagert und natürlich zu eigenem Champagner weiter verarbeitet.
Einzelne Grundweine aus besonderen Parzellen kommen für eine Zeit von 8-12 Monaten ins Holzfass. Im Durchschnitt lagern die Weine 15 Monate (Brut) in der Flasche auf der Hefe, bevor sie degorgiert werden. Grande Reserve, Einzellagen und die Non Dose sogar bis zu 3 Jahre.
Bevor sie in den Handel kommen, werden die Weine danach noch mindestens 6 Monate auf dem Weingut gelagert, um sich zu harmonisieren.
Die durchschnittliche Ertragsmenge in der gesamten Champagne liegt in etwa bei 75 hl/ha, bei Janisson in etwa bei 50-55 hl/ha, Cyril´s Einzellagen-Champagner Toulette bringt es gerade einmal auf 30 hl/ha.
Cyril Janisson ist im Vorstand der Vignerons Independante der Champagne. Auf seinen Urgroßvater geht übrigens die Städtepartnerschaft von Epernay mit Ettlingen bei Karlsruhe zurück.
Im Jahre 2000 wurde Cyrils Tochter geboren, was er zum Anlass nahm, ihr eine eigene Metallkapsel (Baby-Bär)
in limitierter Auflage zu widmen.
Man muss wissen, dass für diese Kapseln in Frankreich ein Sammlermarkt ähnlich wie für Briefmarken existiert. Teilweise haben solche Kapseln einen Marktwert von bis zu 50,- EUR, wenn sie in geringster Stückzahl aufgelegt werden.
Erstmals mit dem Jahrgang 2005 wird Cyril Janisson auch 3 Einzellagen-Champagner anbieten, davon regulär den Toulette sowie 2 weitere aus Pinot Noir. Diese werden allerdings frühestens im Jahre 2010/11 in den Verkauf gelangen.
Zusammen mit Cyril – einem unglaublich sympathischen, mit einem gewissen Schalk im Nacken ausgestatteten, aber auch voller Visionen steckenden Menschen, haben wir dann nach einem ausführlichen Rundgang
in den Katakomben
des Weingutes natürlich auch die Objekte der Begierde probieren dürfen.
Wir haben probiert:
Champagner Non dosé:
50% Pinot Noir / 50% Chardonnay
Ohne Restzucker ; der Grundwein ist 5 Jahre alt und identisch mit dem Grande Reserve allerdings ohne Dosage. Im Duft hochreifes Traubenmaterial, etwas Grapefruit, wunderbar feines Mousseux mit cremigem Mundgefühl. Sehr, sehr vielschichtig und spannend.
Champagner Brut Selection:
50% Chardonnay / 50% Pinot Noir, davon 20% aus Reserveweinen
Etwas frischer und spritziger, das Mousseux wieder sehr fein, im Mund würzig und tief, noch hefige Noten, auch Rauchnoten sowie etwas Birnenduft. Ungemein intensiv im Mund.
Champagner Cuvée Toulette 2000
100% Chardonnay ; Champagner aus 1947 gepflanzten Reben, wird nur in außerordentlichen Jahren hergestellt. 12 Monate Lagerung im gebrauchten Barrique, davor Gärung im Stahltank. Reift 5 Jahre, bevor er in den Verkauf gelangt. Goldgelb steht er im Glas, expressive Nase nach gerösteten Nüssen und frisch gebackenem Brot (Kruste) Im Mund mächtig, dicht, reicher Charakter, „cremeuse“. Pures Champagner-Vergnügen oder zum Essen !
Weitere Champagner, die wir nicht probiert haben
Champagner Demi-Sec
50% Chardonnay / 50% Pinot Noir, davon 20% aus Reserveweinen
ca. 40g Restzucker
Champagner Brut (war noch nicht im Verkauf)
50% Pinot Noir / 40% Chardonnay / 10& Pinot Meunier
Champagner Brut Rosé
45% Pinot Noir / 45% Chardonnay / 10% Coteau Champenois Rouge
Dieser Rosé wird durch separates Vinifizieren der Trauben und nicht durch die Mischung von « Rot+Weiß « vinifiziert.
Übrigens legen die Besitzer auch viel Wert auf die Tradition des Berufes und sammeln auch längst nicht mehr in Gebrauch befindliche Dinge.