Auf diese Probe freute ich mich ganz besonders, denn ich traf jenen Winzer wieder, der mir während der Decouvertes en Valle du Rhône 2009 im Palais du Pape zu Avignon als extrem qualitätsorientiert und positiv verrückt in Erinnerung geblieben ist. Wer jemals mit Philippe Gimel von der Domaine St. Jean du Barroux über Wein gesprochen hat, kann meine Euphorie verstehen. Was er macht, hat Hand und Fuss und er versprüht bei seinen Erzählungen über soviel Dynamik und Enthusiasmus, dass man es ihm anmerkt, wie viel Freude es ihm bereitet, „seine“ Weine zu machen. Mittlerweile verkaufen sich seine Weine in Deutschland wie geschnitten Brot, 2009 hatte er in Deutschland keinen Importeur, schade, dass wir da nicht zugeschlagen haben, hätte unser Profil sicherlich geschärft, jetzt können wir seine Weine leider nicht mehr direkt ab Weingut, sondern nur per Zwischenhandel erwerben, was die Weine für den Endkunden leider teurer machen würde.
2010 Le Rosé
95% Grenache, 5% Cinsault, Ende Februar 2011 gefüllt, bei manchem Winzer eher nebenprodukt und daher vielleicht etwas abschätzig behandelt, merkt man schon hier die Qualitätsphilosophie. Er hätte den Rosé sicherlich runder, weicher, konsumentenfreundlicher gestalten können, aber er wollte die knackige Säure im Wein belassen.
2008 La Montagne blanc
Grenache blanc, Bourbolenc, Clairette
Wenn man weiss, wie anfällig die Grenache blanc für Oxidation ist, dann glaubt man nicht, dass man hier einen wunderbar frischen, sehr aromatischen Wein im Glas hat. Auch hier wieder eine tolle Säure, die dem Wein jegliche Schwere nimmt. Am Gaumen wieder von klarer, frischer Art, ein Hauch Bortytis, aufgeschnittener roter Apfel. Sicherlich merkt man hier auch den Jahrgang.
2007 La Montagne blanc
Zeigt sich im Vergleich zum 08er deutlich reifer, runder, “burgundischer” in seiner Art. Viel Creme, weich, dabei geprägt von eher gelben Steinobstnoten, sehr intensiv am Gaumen. Niemals schwerfällig.
2008 La Source rouge
Grenache noir, Carignan, Cinsault
Alle Trauben der Lage (wo eine Quelle entspringt) wurden entrappt. Zeigt sich sehr frisch und klar in Frucht und Präsenz am Gaumen, Aromen von Kräutern und roten Früchten prägen,aber dominieren den Wein nicht, dazu sorgt eine kühle Lakritznote für ein schönes Spiel am Gaumen. Ab Hof 11 €.
2006 L´Argile rouge
Lehm-Tonerde Böden; Grenache noir, Syrah, Carignan, Cinsault, 50% der Trauben wurden entrappt. Dieser Wein zeigt sich eher von seiner würzigen Seite. Am Gaumen Noten von Kaffee, sehr reifes Lesegut, herrlich den Mund auskleidend, besitzt eine großartige Präsenz und Ausstrahlung am Gaumen, macht viel, viel Spaß.
2006 La Pierre noir
85% Grenache noir / 15 % Syrah, als Philippe erwähnte, “komplett mit den Rappen vergoren” musste ich an einen Pommard denken, den ich 2 Jahre zuvor auf einer Messe probierte und der vor Tannin und Adstringenz nur so strotzte und eigentlich für die nächsten 20 Jahre im Keller eingemauert gehört hätte. Dieser jedoch war das krasse Gegenteil. Hochelegant, enorm konzentriert, nichts schwerfälliges, immer auf der trinkigen Seite, dabei von einer einzigartigen Frische geprägt, viel dunkle Frucht, enorm laaaaannngg. Der Mann kann es einfach! Oder aber liegt das Geheimnis seiner Weine auch an den geologischen Gegebenheiten. Seine weinberge liegen auf unterschiedlichen geologischen Formationen auf bis zu 400m Höhe.
2009 Micro Climat rouge
Hauptsächlich Grenache Noir, dazu Cinsault und andere. 2009 war, wie mittlerweile bekannt, ein großes Jahr im Süden der Rhône. In einigen der Grenache Lagen war die Reife der Trauben so außerordentlich gut, dass er sich entschloß, eine Spezial-Cuvée abzufüllen. Am Gaumen von hochreifen Aromen geprägt, trotz der Komprimiertheit und Konzentration der Aromen wirkt aber nicht breit, ein sehr geradliniger Wein, der Anfang März noch etwas vom Tannin dominiert war und dem ein paar Jahre Reife sicher gut tun werden.
Mercie, Philippe, pour la degustation fantastic vins!!
Anschließend ging es zum Weingut Clos de Trias, dessen Weinmacher Even Backe ebenso persönlich am Stand die Weine den zahlreich Interessierten vorstellte. Erstkontakt mit den Weinen hatte ich im Herbst/Winter 2010, als mir ein Wein bei einem gemeinsamen abendlichen Kochen und Essen vorgestellt wurde und er mir sehr gefiel, wenn er dann auch schlussendlich gegen einen deutlich höherwertigen und auch reiferen Wein den kürzeren zog.
An Even kommt man auf keiner Messe vorbei, schon seine persönliche Präsenz und auch beim Design der Flaschen wird man stehen bleiben und probieren. Mittlerweile kann man fast drauf wetten, dass, je ungewöhnlicher der Typ hinter dem Stand, desto außergewöhnlicher oder anders sind die Weine (später auch wieder festzustellen bei Pablo Hocht, Domaine de Creve Coeur).
Even hat ein sehr übersichtliches Sortiment an Weinen, insgesamt produziert er 4 Weine.
2008 Ventoux blanc
75% Grenache blanc & 25% Clairette, kleine Produktion von 2.200 Flaschen aus einem schwierigen Jahr, denn auf einen nassen Frühling folgte ein warmer, aber ebenfalls feuchter Sommer, sprich: einer enormen, rigorosen, händischen Auslese im Weinberg folgte eine ebensolche am Sortiertisch. In 700 l Fässern über 14 Monate sponatan vergoren und mit wenig SO2 versehen. Leichte Filtration. Farblich einem Apfelsaft nicht unähnlich, also hochfarben, oxidativer Ausbau, wilde Aromatik, mir tendenziell etwas zu breit angelegt, wirkt auch etwas müde.
2008 Ventoux rouge Clos de Trias
Cuvée aus 75% Grenache noir, 15% Syrah, 8% Carignan und 2% Cinsault. Das Durchschnittsalter der biodynamisch bewirtschfteten Weinberge liegt bei 40 Jahren, der Ertrag bei knapp 38 hl/ha. Der Wein war knapp 1 Tag zuvor gefüllt, was man ihm aber nicht unbedingt negativ anmerkte, wir erschmeckten in der wunderbar frischen Stilistik etwas Pfeffer bei viel natürlicher Frucht, feinstes Tannin. Insgesamt ein sehr feiner, intensiver Stil, mit wunderbarem Schmelz und zarter kühler, auch würziger Mineralität. Das ganze wirkt ungemein frisch und nicht ermüdend am Gaumen. Sehr schöner, preiswerter Stoff!
2007 Ventoux rouge Vieilles Vignes Clos de Trias
Grenache Noir mit 4% Syrah, 60-85 jährige Reben, handgelesen, über 47 Tage Mazeration auf der Schale, spontanvergoren, wenig SO2, 1/3 des Weines reifte über 8 Monate in 600 & 700 l Holzfässern.
Ein Wein, der fasziniert. Kaum im Mund, kleidet er denselbigen wunderbar aus, eine herrliche Textur von zarter Kühle, pfeffriger Würze und feiner Frucht entsteht, ein sinnliches Aromenspiel von großer Klasse. Hochfein, und im Gegensatz zu vielen 07ern weder breit noch alkoholisch.
2008 Ventoux rouge Pied Porcher Clos de Trias
100% Grenache Noir, von durchschnittlich 45 jährigen Reben einer 1,1 ha kleinen Einzel-Parzelle mit nordöstlicher Ausrichtung. Biodynamische Arbeitsweise, zu 90% mit Stil und Stengel spontan vergoren, 32 Tage Mazeration auf den Schalen, 50% reifte in 600 l Fässern, minimal So2, keine sonstigen Zusätze. Evens Spitzenwein. Samtig, kühl, konzentriert, großer Stoff. Kaufen!
Natürlich besuchten wir auch noch unseren Winzer Pierre Leveque von der Domaine de Fontenille aus Lauris im Luberon, nachdem wir seine Weine aber schon 14 Tage zuvor ausgiebig probieren konnten, blieb es hier bei einem kurzen Hallo. Nachdem es bei ihm keinen 07er Côtes du Luberon Vielles Vignes geben wird, haben wir uns ja nochmals ausreichend mit seinem 05er eingedeckt, die Reife tut den Weinen auch sehr gut, im Moment präsentieren sich die 05er extrem gut. Aus 2009 wird es wieder “Vieilles Vignes” geben und Pierre hat da wieder einen großartigen Wein vinifiziert, der im Juni 2011 gefüllt wird.
Ebenfalls sehr gut gefallen haben mir die Weine der Domaine Le Grand Vallat (eigene Webseite geht nicht) aus Blauvac, einem ebenfalls zertifiziert biologisch arbeitenden Betrieb. Da steht diese Woche nochmals eine Nachverkostung der Weine an, nachdem uns diese Woche vom Weingut eine Vertreterin besucht hat.
Es war ein sehr schöner Vormittag mit großartigen Weinen und tollen Winzerpersönlichkeiten, nach der Stärkung am Buffet machten wir uns auf nach Gigondas!
Aber das ist wieder eine andere Geschichte.