Der am Boden gebliebene Holländer – 10 Jahre Spätburgunder SD Jacob Duijn

Der am Boden gebliebene Holländer – 10 Jahre Spätburgunder SD Jacob Duijn

Die Objekte der Begierde

Dunkel erinnere ich mich noch, es muss wohl 1998 oder 1999 gewesen sein, da wurde in der Weinszene über einen Holländer gemunkelt, der in der Ortenau so gar nicht typische deutsche Spätburgunder ausbaut, dazu noch mit „exzessivem“ Barriqueeinsatz. Erneut eine Revolution in Baden oder was??

Es klang interessant, also besuchte ich den guten Mann damals in den Räumen einer ehemaligen Metzgerei in Bühl-Kappelwindeck. Jacob Duijn war sein Name, und zum Zeitpunkt unseres Besuches wurde gerade gefüllt und das sah schon alles sehr „traditionell“ aus, wie da die Flaschen verkorkt und etikettiert wurden. Aber es hatte Charme und Jacob hatte auch während dieser Phase Zeit und Lust, uns seine Weine vorzustellen. Zum damaligen Zeitpunkt lag mein Schwerpunkt weintechnisch ganz klar in der Toskana, mit badischen Weinen hatte ich wenig am Hut, geschweige denn mit Spätburgunder. Während der Probe aber fand ich Gefallen an dieser Art von Weinen, sie waren so anders in Ihrer Art, als vieles, was ich aus der näheren Umgebung probiert hatte, vielleicht auch durch den Barriqueeinsatz, den ich ja aus der Toskana auch schon kannte und in Teilen auch mochte, und so wanderten damals der 1999er Spätburgunder Qba und der 1999er SD (damals 30,- DM) in den Keller. Während der SD mit der letzten Flasche 2008 nach knapp 10 Jahren perfekt auf dem Höhepunkt erwischt wurde (man riet mir damals“ leg ihn 8-10 Jahre weg“, liegt der „kleine“ Duijn aus 99 noch immer im Keller. Und steht – wie am Samstag in Vorbereitung auf diese SD Probe festgestellt – wie eine eins im Glas.

Vor und während der Probe der Vertikale gab uns der Winzer einen Einblick in sein Schaffen. 1994 hängte er seinen Sommelierjob (bei Witzigmann und der Bühler Höhe) an den Nagel und wechselte in den Vertrieb eines Bremer Importhauses, aber auch das war nur ein knapp 10jähriges Zwischenspiel. Er kam damit dem Wein immer näher. Als man ihm einen Weinberg hoch über Bühl anbot, beschloss er, nur noch Wein zu machen. Seine ganze Leidenschaft galt und gilt dem Spätburgunder. Die ursprünglich auf 11 Hektar angewachsene Rebfläche hat er zwischenzeitlich wieder auf 6,5 Hektar verkleinert, weil er es nach seiner Vorstellung so besser machen kann. Bewirtschaftet wird seit 1994 naturnah und biodynamisch, seit 2009 hat er das Demeter-Siegel, wobei selbst der Mond eine gewichtige Rolle spielt. „Die Mondphasen haben großen Einfluss auf das Leben“, erklärt er. Und ernst fügt er hinzu: „Wir brauchen die Natur, aber die Natur braucht uns nicht.“

Hier nun die Verkostungsnotizen, die Probe fand im sehr kühlen und schumrigen Barriquekeller des Weingutes statt, so dass ich die Farbbeschreibung leider außen vor lassen muss.

1998 Spätburgunder SD (aus der Magnum)

Premierenjahrgang, laut Winzer ein gutes Jahr. 32hl/ha Ertrag. Hauch von Minze, Tannin merklich, wirkt immer noch sehr jugendlich. 89/100 Pkt.

Der am Boden gebliebene Holländer – 10 Jahre Spätburgunder SD Jacob Duijn1999 Spätburgunder SD

Weder auf dem Weingut noch bei mir keine einzige Flasche mehr vorhanden, dafür hier eine Notiz von der Spätburgunderprobe des Rhein-Main-Stammtisches vom 13.10.2008 von Armin Maurer
Der letzte trockene Wein war dann mein Sieger des Abends:
Zuerst grüne Tabakblätter und etwas Zedernholz, dann feine Frucht, rote Beeren, etwas süßliche Walderdbeere, auch feine Kirschnoten, sehr schön komplex, samtig gereift, elegant und eher leicht, aber doch in keiner Weise dünn, wunderbar samtig zog der Wein über die Zunge. Großartig und mir 94P wert, ich denke er war auf den Punkt, Potential sehe ich eher nicht mehr.

 

 

 

 

Der Müller-Thurgau aus Weisenbach (links im Bild) hat auch eine Geschichte, am Ende dazu mehr.

2000 Spätburgunder SD (aus der 0,75l Flasche)

Am Gaumen deutlich wuchtiger und auch leicht öliger, wirkt konzentrierter, von Hand entrappt, kraftvoller Bursche, sehr ausladende Beerenaromatik, auch ein Tick alkoholisch wirkend. Das Holz zeigt sich noch leicht dominant. Insgesamt trotz der Wucht recht ausgeglichen am Gaumen. 87/100 Pkt.

2001 Spätburgunder SD (aus der 0,75l Flasche)

Zu 100 % neue Eichenfässser benutzt, zeigt sich der Wein jetzt nur noch vom Holz geküsst, die feine, frische Säure verleiht ihm eine ungeheure Strahlkraft. Was für eine geile Nase, Tabaknoten erinnern an Burgund, tiefgründig und von feiner Finesse, duftet herrlich fein nach roten, reifen Beeren. Dazu wunderbare an Salbei erinnernde Noten. Herrlich komplex und kraftvoll, saftig und mit feinem Säurespiel, spielt mit den Muskeln um dann gleichzeitig anmutig mit feinen, tiefen Aromen zu beeindrucken. Mein Favorit der Probe und mir 94-96 Punkte wert.

2002 Spätburgunder SD (aus der Magnum)

Ein schlimmes Jahr, verfaulte Trauben, Regen während der Lese. Jacob selektierte rigoros aus. Zeigt sich deutlich schlanker am Gaumen, dunkle, weniger reif schmeckende Beerennote unterlegt von etwas rauem Tannin. Wirkt am Ende etwas stumpf, zeigt auch hier wieder tabakige Noten. Hmmm…84/100 Pkt.

2003 Spätburgunder SD (aus der Magnum)

Geerntet am 28.8. War er sonst immer einer der letzten bei der Ernte – viele Kollegen schüttelten die Köpfe- war er diesmal der erste. Auch hier wieder ungläubiges, unverständliches Kopfschütteln. Keine Frage, man merkt dennoch den Jahrgang. Im Jugendstadium sicher als wuchtiger Rhonewein zum Verwechseln ähnlich, leugnet er auch nach 8 Jahren nicht seinen Jahrgang. Wuchtig am Gaumen, Kräuter, Schattenmorellen, ein Hauch Lakritz, Nelke, minimal Likör. Jedoch sorgt die feine Säure im Hintergrund für einen gelungenen Frischeschub, er trinkt sich trotz aller Kraft sehr gut. 87/100 Pkt

2004 Spätburgunder SD (aus der Doppel-Magnum)

„Ein „Opfer des 2003er Stress-Jahrgangs, wie auch der 2005er“,  so der Winzer. Zeigt gewisse Parallelen zum 2001er, wie etwa bei der Säure, hat allerdings nicht die Strahlkraft. Ich bemerke Kaffeeröstnoten, Aromen von Nelke und Rosenblättern, auch wieder Tabak, der Wein zeigt mit seinen recht weichen, runden Tanninen sehr zugänglich. Insgesamt auf trinkigem Niveau. Mir fehlt etwas der Zug und die Spannung am Gaumen. (87/100 Pkt)

2005 Spätburgunder SD (aus der Magnum)

Jacob erwähnt, dass sich für Ihn die Umstellung auf die biodynamische Arbeitsweise in diesem Jahrgang erstmals deutlich spürbar zeigt. Zudem wird 10 % weniger Holz eingesetzt. Ich erkenne eine etwas fülligere Struktur, hat etwas von der Art des 2003, ist aber deutlich vitaler in seiner ganzen Erscheinung. Wir riechen Rosenblatt, Tabak, wiederum Kräuter wie Salbei und etwas Liebstöckel. Das Tannin ist runder, der Wein sehr gut haftend am Gaumen, von klebrigen Tanninen – wie ein Journalist behauptet – keine Spur. Hier bin ich zum ersten Mal dabei, Babymord zu schreiben, viel zu jung. 94+/100 Pkt.

2006 Spätburgunder SD (aus der 0,75l Flasche)

WOW! Zeigt einen leichten animalischen Ton, der verfliegt aber mit der ersten Umdrehung im Glas. Wir schnuppern reife Johannisbeeren, etwas Himbeere, auch Holz. Am Gaumen salzig-mineralisch, enorm saftig, wirkt eher kühl, stoffig und voll am Gaumen haftend. 93/100 Pkt.

2007 Spätburgunder SD (aus der Magnum)

Farblich etwas heller, zeigt sich schon sehr zugänglich, sehr harmonisch, sehr trinkig, wirkt fast weiblich und filigran, dennoch sehr elegant und nachhaltig am Gaumen. Tolle Nase nach roten Beeren, feines, edles Holz, wirkt auch bei diesem Jahrgang kühl in seiner Art. Ob er aber ein Langläufer wird und sich daher weiter verbessern wird??? 90/100 Pkt.

2008 Spätburgunder SD (aus der 0,75l Flasche)

Sehr frischer, jugendlicher Beerenmix zu Beginn am Gaumen, wir riechen wieder feine Tabaknoten, wirkt wiederum recht kühl, Aromen von Johannisbeeren, Kirschen, Schlehen umkreisen die Zunge, zarte Holznote, am Gaumen sehr frisch und saftig, extrem jugendlich wirkend, dabei seidige Textur. 89/100 Pkt.

2009 Spätburgunder SD (aus der 0,75l Flasche)
Der Ertrag liegt bei ca. 25 hl/ha. In großen 3000l Holzbottichen vergoren, ca. 24 Monate im Barrique gelagert. Wunderbar klare und präzise Frucht, tiefgründige Mineralität, feines, elegantes Säurespiel, packt am Gaumen zu, muskolös. Kaufen und wenigstens 5 Jahre weglegen. Derzeit 90+ Pkt. €47,-

Premiere in Weisenbach: Wein aus heimischer Lage.

Weisenbacher KapfFür den Weisenbacher Gerhard Strobel war der Erhalt vom Weinberg Weisenbacher Kapf  eine besondere Herzensangelegenheit. Sein Vater hatte schon dort Weinbau betrieben. Die Tradition und der Erhalt dieses wunderschönen Naturparadies muss fortgeführt werden.

In Weisenbach steht zum 18.06.2010 eine besondere Premiere an. Es wird zum ersten Male ein eigenständiger (selbstvermarkteter) Wein aus dem Weisenbacher Weinberg Kapf angeboten. Die Tradition des Weinbaus reicht weit in das Mittelalter zurück. Weinbau in Deutschland ist seit den Römern bekannt. Ins Murgtal gelangte der Wein im Zuge der mittelalterlichen Besiedlung. Erstmalig wurde der Weinbau in Weisenbach in einem Dokument des bischhöflichen Generalvikars 1481 unter „Kapelle St. Wendel in den Weinreben“ erwähnt. Im späten Mittelalter war der Weinanbau weit verbreitet. Es wurde reichlich produziert und konsumiert. Hohe Qualitätsanforderungen durfte man damals an dieses Getränk jedoch nicht stellen. Einen Hinweis auf den Weinhandel liefert die ehemalige Fernhandelsstraße von Gernsbach entlang der Höhenzüge nach Baiersbronn. Der Weg führt heute noch die Bezeichnung „Alte Weinstraße“.

Aus einem Ebersteinischen Lagerbuch vom Jahre 1597 ist zu entnehmen, dass der „Weißenbacher Frucht-weyn“ aus den „Wyngärten“, als „Kleinnzehnt“ dem Domstift Speyer abzuliefern ist. Der Weinzehnt wurde erst im Jahre 1851 abgeschafft. 1880 betrug die Anbauflächen 15 Morgen (=540 ar), 1937 bereits 634 ar. Eine Flurbereinigung erfolgte im Jahre 1972, der Weinbau wurde modernisiert und aktiviert. Zum Anbau kamen die Rebsorten Spätburgunder, Ruländer und Müller-Thurgau.

Der Weisenbacher Gerhard Strobel gewann 2009 den in Bühl – Kappelwindeck ansässigen Winzer Jacob Duijn für die Arbeiten im Weinberg und für den Ausbau der Qualitätsweine. Vor Jahren verwirklichte sich der Holländer seinen Traum: Ein eigenes Weingut. Es war mehr eine Laune des Zufalls, als der erfahrene Sommelier 1994 den ersten Weinberg von einem ortsansässigen Winzer kaufte. Inzwischen hat Duijn seinen Betrieb beachtlich erweitert und sich innerhalb weniger Jahre zur Spitze der deutschen Rotweinerzeuger emporgearbeitet. Sein Weingut zählt heute zu den besten Deutschlands.

Das Lesegut aus dem Weisenbacher Kapf wird sorgfältig in der Kellerei von Weingut Duijn in Bühl-Kappelwindeck veredelt. Das Resultat ist ein leichter, feiner Wein mit lang anhaltender Frucht und gut eingebundener Säure. Der ideale Begleiter zu leichten Sommergerichten.