Tomoko Kuriyama ist die einzige japanische Kellermeisterin Deutschlands. Ihre Weine gewinnen international Preise.
Frankfurt. Vor zehn Jahren lebte Tomoko Kuriyama noch in Tokio und arbeitete in der Marketingabteilung eines Handyanbieters. Im Jahr 2000 zog sie mit ihrem deutschen Ehemann nach Frankfurt und entschied, sich beruflich zu verändern. Heute, mit 41 Jahren, ist die Japanerin Kellermeisterin beim traditionsreichen Weingut Altenkirch im Rheingau.
Frau Kuriyama, wie kam es, dass Sie sich mit 30 Jahren beruflich noch einmal völlig neu orientiert haben?
Kuriyama: Ich habe mich schon immer für Kulinarisches interessiert. Meine Oma hatte im japanischen Fernsehen eine Kochshow, und mein Großvater hat jeden Abend ein Glas französischen Rotwein getrunken. Da durfte ich dann oft probieren. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich erst angefangen, Volkswirtschaftslehre zu studieren. Aber dann habe ich gemerkt, dass mich die Arbeit im Marketing nicht mehr so recht inspiriert. Ich wollte etwas Handwerkliches machen, etwas, wo man hinterher ein Ergebnis in der Hand hält. Also bin ich einfach zum Weingut von Paul Fürst gegangen und habe mich vorgestellt. Der hat mich erst für verrückt erklärt, mich dann aber doch als Auszubildende eingestellt.
Kellermeister ist ja auch ein eher ungewöhnlicher Beruf für eine Frau. Wurden Sie manchmal unterschätzt?
Kuriyama: Hin und wieder schon. Als Frau, Ausländerin und Quereinsteigerin musste ich mich besonders anstrengen, um ernst genommen zu werden. Erstaunlicherweise waren es zumeist Frauen, die mir nichts zugetraut haben. Kolleginnen im Studium, die gedacht haben, ich könnte nicht mal einen Strohballen heben. Das hat mich sehr geärgert. Meine Chefs waren aber immer fair. Ich wurde behandelt wie alle anderen und musste auch die gleiche Arbeit machen. Und genau das wollte ich ja.
Was reizt Sie besonders an ihrem Beruf?
Kuriyama: Das Wunderbare an meinem Job ist, dass alle meine Sinne gefordert werden. Ich arbeite im Weinberg, wo ich die Reben kontrolliere und ernte. Dann muss ich den Wein abstimmen und abschmecken. Außerdem kümmere ich mich um die Abfüllung und die Etikettierung. Diese Vielseitigkeit gefällt mir. Man bewegt den Körper, arbeitet aber auch mit dem Kopf.
Mit Ihrem ersten Riesling-Jahrgang haben Sie gleich internationale Preise gewonnen. Erhöht das Ihre Erwartungen für die kommenden Jahre?
Kuriyama: Als ich im September 2007 zum Weingut Altenkirch kam, standen wir nur zwei Wochen vor der Weinlese. Ich kannte weder den Berg, noch die Kellerei, aber mein Team stand mir gut zur Seite. Dass die 2007er Weine so erfolgreich waren, lag auch an den guten Naturbedingungen dieser Saison. Darauf hat man ja leider wenig Einfluss. Für die Weine von 2008, die wir jetzt zur Bewertung eingereicht haben, habe ich keine Erwartungen.
Können Sie sich vorstellen, später einmal nach Japan zurückzukehren und dort Wein anzubauen?
Kuriyama: Nein, absolut nicht. Die Arbeit hier ist für mich viel reizvoller. Ich möchte das Potenzial des Weinbergs so richtig ausreizen. Und außerdem habe ich mich viel zu sehr in den Rheingau verliebt, um ihn zu verlassen.
Das Interview führte Stefanie Keisers
Quelle: WZ Newsline