Gastbeitrag von Robert Kemmler. Kürzlich hatten wir endlich die Chance, Christoph Künzli auf seinem Weingut zu besuchen. Es war immer mein Ziel, die Weinberge, den Boden und alles was zu Boca gehört, mir selbst vor Ort anzuschauen. Wer die Weine von Christoph probiert hat, der will mehr wissen über das Weingut. Denn die Weine haben mich sehr begeistert.
Ein kleiner Rückblick nach Zürich. Warum? Ich wurde persönlich zu einer Boca- Vertikale eingeladen. Diese fand im Zusammenhang seiner World- Tournee statt, die über New York unter anderem auch nach Zürich kam. Das Ganze fand im Prime Tower im obersten Stock des Restaurant statt. Eine tolle Idee. Bevor das Weingut von Christoph Künzli übernommen wurde, hieß der Besitzer Antonio Cerri, der dann ja leider verstarb. In seinem Keller lagerten aber noch viele Weine in großen Holzfässern. Teilweise waren diese Weine über 40 Jahre im Holzfass, die Christoph dann abfüllen lies. Die Boca- Verkostung ging rückwärts von 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003, 2001, 2000, 1999. Es kamen die alten Weine von Antonio Cerri aus den Jahren 1991,1990,1989,1988,1985, 1981 und dann ganz alte und seltene Jahrgänge wie 1970, 1961,1950. Das schöne war, dass wir die Weine sowohl solo als auch mit Begleitessen verkosten konnten. Die absoluten Höhepunkte dieser tollen Verkostung waren für mich die Jahrgänge 2007, 2004, sowie der ultimative Hammer der Cerri Wein aus 1961.
Boca 2007: süße Frucht, Amarenakirsche, Pflaume, feine Tanninstruktur, sehr komplex und sehr elegant. Sehr langer Abgang. 94+
Boca 2004: Rosen, Teer, Hagebutte, viel rote Früchte, sehr fein, feinkörniges Tannin, sehr langer Abgang. 95+
Boca 1961: süßliche Nebbiolofrucht, sehr harmonisch, sehr komplex, leichte oxidative Noten wie Sherry, aber perfekt, schöne Säurestruktur. Ultra elegant, sehr helle Farbe. Extrem langer Abgang. Ein Wein zum Niederknien 97+.
Nun zurück ins Piemont. Da wir am Comer See im Urlaub waren, hat sich ein Abstecher zum Weingut Boca natürlicherweise ergeben. So besuchten wir Christoph an einem Sonntag. Er war mitten in der Weinlese. Was zur Folge hatte, dass ich mitanpacken durfte, wie auf den Bildern zu sehen ist.
Erst die Arbeit, dann der Spaß. Damit hatten wir an einem Sonntag natürlich nicht gerechnet, war aber für uns kein Problem. Christoph wird übrigens tatkräftig von einem sympathischen Ukrainer unterstützt. In der Zwischenzeit ging ich in die Keller, wo die Fässer lagerten.
Nach getaner Arbeit durften wir endlich was probieren.
Ich muss gestehen, die kommenden Jahrgänge werden auch sehr spannende Weine hervorbringen. Und das Jahr 2012? Ein schwieriges Jahr, aber mit Top- Qualitäten. Sehr schönes reifes Lesegut mit sehr niedrigen Erträgen.
Was wir in den Weinbergen gesehen haben, hat uns schwer beeindruckt. Man muss sich vorstellen, dass hier vorher nur Wald gewesen ist. Davor war es einst das größte Weinanbaugebiets Italiens! Christoph mußte ganze Waldstücke roden, um neue Weinberge anzupflanzen. Ein enorm hoher finanzieller Aufwand. Unvorstellbar, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat.
Der Boden besteht aus Porphyrgestein. Kein Kalk. Was für Piemont einmalig ist. Und das gibt den Weinen auch diese Mineralität. Zu erwähnen ist, dass auch die jungen Weinreben schon fantastische Qualität bringen. Wie beim verkosteten 2004er Boca, wo die Reben gerade mal 5 Jahre jung sind. Danach ging es zum Essen ins ,,Zentrum‘‘ von Boca, wo gut gespeist und getrunken wurde. Dann verabschiedeten wir uns von Christoph, jedoch nicht ohne noch ein paar Flaschen von ihm zu kaufen: 3 x Magnum Flaschen Boca 2008 und 6x Flaschen Le Piane, der jetzt schon wunderbar zu trinken ist.
Was sagte meine Frau Marion, bevor wir losfuhren: wir fahren aber nur für 1-2 h nach Boca. Geblieben sind wir einen ganzen Tag. Wir waren dankbar, dass Christoph sich so viel Zeit genommen hat. Wie uns soeben mitgeteilt wurde, wurde auch der Boca 2008 vom Gambero Rosso mit Drei Gläsern ausgezeichnet.
Boca 2008: würzige Noten, Tabak, Johannisbeere, süße Frucht, Tannin betont, frische, kühlere Art, was auch jahrgangsspezifisch ist.