Heute geht es in die südliche Toskana, genauer in die Maremma. Um 10:30 Uhr haben wir auf dem Weingut Casa di Terra eine Verabredung mit Verkaufsleiter Dr. Gianni Moscardini, den wir im September 2006 auf einer Präsentation südtoskanischer Wein- Öl,- und Feinkostproduzenten in Frankfurt kennnengelernt hatten. Bei der Verkostung der Weine fiel uns die besondere Qualität der Weine sofort auf und auch die Preiskalkulation war sehr fair. Trotzdem dauerte es – dank diverser Kommunikationsschwierigkeiten – fast 1 Jahr, bis ich mir den Betrieb in der Nähe von Bolgheri – Heimat solch berühmter Weine wie Sassicaia, Ornellaia oder Guado al Tasso etc. anschauen konnte.
Da es dorthin von Castellina in Chianti aus – genauer nach Castagneto Carducci – keine direkte Schnellstraßenverbindung gibt und die Navigation zwei Stunden Fahrt veranschlagte, zuckelten wir hinter manchem Wohnmobil oder Laster durch so bekannte Städte wie Colle Val d´Elsa oder Volterra, um schließlich die letzten paar Kilometer auf der neuen Schnellstraße Via Aurelia bis nach Castagneto Carducci durchzufahren. Leider konnte die Navi (nein, meine hat keinen Namen) mit den vorhandenen Adressdaten der Fattoria nichts anfangen und so fuhren wir erstmal Ríchtung Ortsmitte in der Hoffnung, ein Hinweisschild zu finden. PUSTEKUCHEN: auch hier waren wir falsch, aber eine ortskundige Anwohnerin malte uns den Weg gekonnt auf einen Briefumschlag. Wieder zurück zur alten Via Aurelia und nach 5 km in Richtung Bolgheri stand da auch schon ein Hinweisschild, direkt an der alten Via Aurelia ging es rechts weg.
Das Weingut selbst ist ganze 2 Jahre jung, bis 2005 wurde Wein ausschließlich lose verkauft. Nach ersten positiven Erfahrungen mit dem Weinanbau in dieser Zone hat man den kompletten Boden der Fattoria geologisch untersuchen lassen und festgestellt, dass dieser wie geschaffen ist für den Weinanbau und sich nun entschieden, von einem komplett landwirtschaftlichen Betrieb zu einem reinen Weinanbaubetrieb umzusatteln. 20 ha Reben sind derzeit in der DOC Bolgheri und der neuen DOC Terratico di Bibbona im Ertrag. Erste Erfolge mit tollen Bewertungen (91/100 Punkte) im Winespectator für den Mosaico sowie in Gerhard Eichelmann´s Weinfachblatt “Mondo” vom Januar 2007 geben dieser Entscheidung recht und macht uns stolz, möglicherweise einen neuen Stern am Weinhimmel entdeckt zu haben!
Als wir dort bei strahlendem Sonnenschein ankommen, sind die Erntearbeiten in vollem Gange. Die in kleinen Kisten geernteten Trauben werden sofort abgebeert und in Stahltanks gepumpt. An den Edelstahltanks vor der Kellerei – vieles ist bei dieser jungen, aufstrebenden Kellerei einfach noch sehr provisorisch, angesichts dessen ist die daraus resultierende Weinqualität mehr als beachtlich – machen wir Bekanntschaft mit der neuen Kellermeisterin Francesca, die seit April 2007 für den Ausbau der Weine verantwortlich ist. Zum Glück spricht sie Englisch, so dass wir zumindest etwas über den Betrieb bei einem kleinen Rundgang erfahren, denn leider ist Verkaufsleiter Gianni Moscardini aus familiären Gründen verhindert.
Im Moment ist der Keller noch provisorisch an der Rückseite des Kellereigebäudes in einer klimatisierten Halle angelegt Hier liegen auch die Barriques (werden nur maximal 2 mal belegt) in mehreren Reihen übereinander. Der neue Keller wird 2008 fertiggestellt werden und liegt dann schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite, so dass dann auch die zur Zeit vor der Cantina mitten auf dem Hof stehenden Edelstahltanks eine neue “unsichtbare” Heimat haben. Die Flaschenabfüllanlage und das Lager sind noch sehr klein – man ist auf kleine Abfüllmengen und individuelles Etikettieren eingerichtet.
Anschließend konnten wir die neuen Jahrgänge probieren
Verkostungsnotizen vom 13.09.2007
2006er Grotta dei Briganti bianco / 13%
85% Trebbiano, (sehr spät Ende Oktober gelesen) 10% Vermentino, 5% Malvasia.
17 Jahre alte Reben aus der Provinz Cecina, temperaturregulierte Vergärung im Edelstahltank.
Im Mund aromatische Ausprägung, angenehme Säure, trinkig – für jeden Tag.
2006er Lenaia bianco, DOC Terratico di Bibbona / 12,5%
50% Trebbiano Toscano, (sehr spät Ende Oktober gelesen) 50% Vermentino (Ende September gelesen)
Angenehmer, deutlich Duft nach Pfirsich und Äpfeln, frische Säure, schlank. Zurückhaltende Aromen am Gaumen, etwas kräutrig, Zitrusnoten. Dazu ein Teller Meeresfrüchte auf einem Restaurant direkt am Meer……
2006er Vermentino bianco IGT / 13,5%
100% Vermentino von 12 Jahre alten Reben aus einer kleinen 1 ha Lage, gelesen Mitte September.
Kräftig Gelbfarben, am Gaumen deutlich kräftiger als die beiden Vorgänger, komplette Struktur, fest am Gaumen, frisch und lang.
2006er Grotta dei Briganti rosso IGT / 13,5%
100% Sangiovese. 15 Tage Maischegärung bei 26 Grad, reiner Ausbau im Stahltank. Riecht nach Auberginen in Öl, etwas primärige Aromen, rustikal, tintige Farbe, viel frische, dunkle Frucht, intensiv, frisch, leicht herber Wein am Abgang – kühle kräutrige Note.
2006 Lenaia rosso DOC Terratico di Bibbona / 13,5%
90% Sangiovese, 5% Colorino, 5% Canaiolo. 15 Tage Maischestandzeit, malolaktische Gärung und Reifung in Zementtanks.
Kräftige, dunklerote Farbe – etwas heller als der Grotta dei Briganti, kräftig, strukturiert, fruchtig mit deutlichen Brombeernoten, rund und dicht und dabei sehr elegant.
2006er Torre di San Giovanni IGT / 13,5%
dicht, dunkle Farbe, sehr frischsaftig, süße Reife, aber etwas kurz am Gaumen, entwicklt sich nicht – kommt nicht mit Lenaia mit.
2005er Moreccio DOC Bolgheri (Moreccio ist eine Pilzart) / 14%
50% Sangiovese, je 25% Cabernet Sauvignon & Merlot. Reifer Cabernet deutlich schmeckbar, sehr dunkle Farbe, Heidelbeer-Note, gute Säure und Länge, kräftige Struktur, ein wunderbares Maul voll Wein.
Gerhard Eichelmann, Mondo Nr. 47 vom Januar 2007:
Gute Konzentration im Bouquet, reife Frucht, ganz dezent Schokolade; klar und konzentriert im Mund, gute Struktur, Tannine. 85/100 Pkt.
2003er Poggio Querciolo IGT / 13,5%
70% Cabernet Sauvignon, je 15% Petit Verdot und Syrah. 25 Tage Maischestandzeit. Malolaktik und Reifung in französischem Barrique für 12 Monate. 6-monatige Flaschereifung. Schokonote, dunkle Farbe, lang, elegant, fruchtig, Waldbeeren, – insgesamt sehr harmonisch und ausgeglichen.
2004er Poggio Querciolo IGT / 13,5%
Gerhard Eichelmann, Mondo Nr. 47 vom Januar 2007:
Viel Konzentration im Bouquet, herrlich eindringliche Frucht, Schokolade, jugendlich, dominant; herrlich viel Frucht, auch im Mund, Schokolade, gute Struktur, wunderschön harmonisch und langer Nachhall. 91/100 Pkt.
2004er Mosaico DOC Bolgheri / 13,5%
40% Merlot, 40% Cabernet Sauvignon, 20% Syrah. 3 Wochen Maischestandzeit. Malolaktik und Reifung in französischem Barrique für 12 Monate. 6-monatige Flaschenreifung. Duft nach Cassis und Eiche, sehr dunkles, fast tintiges Schwarz-Rot, viel Kraft, kräftiges, reifes Tannin am Gaumen, sehr frischer Charakter, fast kühl, am Gaumen süße hochreife Frucht, lang, unheimlich dichte Struktur, frische kühle Noten, sehr sehr gut!
Gerhard Eichelmann, Mondo Nr. 47 vom Januar 2007:
12 Monate in französischen Barriques ausgebaut; gute Konzentration im Bouquet, viel reife Frucht, reife Sauerkirschen, auch Herzkirschen; klar und kraftvoll im Mund, harmonisch, füllig, etwas Schokolade im Hintergrund. 90/100 Punkte
2003er: 91/100 Punkte Winespectator
2004 Maronea DOC Bolgheri / 14%
35% Merlot, 35% Cabernet Sauvignon, 15% Petit Verdot, 15% Syrah
3 Wochen Maischestandzeit. Malolaktik und Reifung in französischem Barrique für 15 Monate. 6-monatige Flaschereifung.
Gerhard Eichelmann, Mondo Nr. 47 vom Januar 2007:
Herrlich viel reife Frucht im Bukett, reife Herzkirschen, eindringlich; füllig und klar im Mund, harmonisch, reife Frucht, gute Struktur, jugendliche Tannine, etwas Schokolade im Hintergrund. 90/100 Punkte
Veronelli: 93/100 Pkt.
Wieder haben diese (modernen) Weine sehr überzeugt, diesmal eigentlich noch mehr als vor einem Jahr in Frankfurt, denn diesmal haben auch die erstmals probierten Weißweine durch ihre frische Art sehr gefallen. Beeindruckend, welche Qualitäten hier trotz dieser Provisorien hergestellt werden. Bei den Qualitäten, die Casa di Terra im Endsegment herstellt (Mosaico & Maronea) muss man sich vor deutlich teureren Prestigeweinen wahrlich nicht verstecken. Und auch im Basisbereich (Grotta dei Bríganti) hat man ein Ass im Ärmel.
Wieder eine wunderbare K&M Entdeckung! Weine aus einer Region, die mir sehr am Herzen liegt, denn hier gegann 1992 die Weinleidenschaft. Bald ist ja Weihnachten und wenn ich mir etwas wünschen darf, ist es, die Weine im Sortiment zu haben…. Schaun mer mal!
Anschließend führen wir nach Cecina zu Angiolino Amato und genossen noch diesen dann privaten Nachmittag bei Cucina Toscana und Espresso und tollen Gesprächen.