Tour de France 2007 Tag 4: Vinexpo – die Entdeckungen Teil 2

und es geht weiter, diesmal lose und nicht ein einzelnes Weingut.

Seit etwa 2 Jahren habe ich die Weine von Giampaolo Tabarrini auf meiner Watchlist. Damals, es war die Prowein, präsentierte das Consorzio Vini Montefalco Erzeuger aus der Region Montefalco und besonders Tabarrinis Weine, insbesondere der 2001er Sagrantino stach heraus. Ein halbes jahr später bekam just dieser Wein die begehrten 3 Gläser vom Gambero Rosso…..

Nun ist der Montefalco Sagrantino beileibe kein einfacher Wein. Das wichtigste Anbaugebiet des Sagrantino erstreckt sich von Collemancio nahe Torgiano im Norden über Assisi, Montefalco bis Spoleto im Süden. Die autochthone, wertvolle, italienische Rebsorte Sagrantino aus der Region Umbrien liefert schwere, kräftige Rotweine mit reichlich Tannin und Extrakt, die erst nach Jahren in Saft und Blüte stehen. Qualitativ könnte der Sagrantino locker neben berühmten Namen wie Brunello und Barolo bestehen, doch nicht jeder Betrieb kann sich modernste Technik leisten, so dass viele Tropfen allzu rustikal und tanninbetont bleiben, da hilft dann auch keine Lagerung mehr.

Auf der Prowein waren ebensolche, besonders tanninharte Brocken zu probieren, die sicherlich in ein paar Jahren sehr gute Weine sein werden, aber wer kann so lange warten. Giampaolo Tabarrinis Weine jedoch bestechen jetzt schon durch ihren enormen Fruchtfond, kräftigem Holzausbau und herrlich reifen, sehr geschliffenen und keinesfalls adstringierenden Tanninen. Traditionalisten werden sicherlich nichts damit anfangen können und “zu modern” meckern. Mir jedoch haben dies “Kaliber von Wein” ausgesprochen gut gefallen und einem Abstecher bei meinem Trip in die Toskana im September 2007 steht nicht im Wege.

Die Weine:

2004 Montefalco Rosso
Cuvée aus hauptsächlich Sangiovese (65%) etwas Sagrantino (20%), Cabernet Sauvignon und Merlot (15%), 6 Monate Ausbau im großen Holz. Satte rubinrote Farbe mit Tendenz zum Granatrot. Am Gaumen sehr vielschichtig, Noten von Brombeeren, Kirschen, Nüssen und Leder, trocken und ausgewogen.

2003 Sagrantino di Montefalco Rosso “Colle Grimaldesco”

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Im Duft hochreife und sehr saubere Beeren- und Kirschnoten, viel edles Holz und Zigarrenkiste. Am Gaumen Massen von reifem Tannin, spürbar, aber die außerordentliche, sehr präsente Frucht rangelt sich um die Voherrschaft und letztlich ergibt das ein faszinierendes Aromenspiel von dunklen Beeren, Vanile, perfekter Säure, viel Schmelz und edlem Tannin. Enorme Kraft ohne dabei überkonzentriert zu wirken oder gar satt zu machen. Macht schon jetzt verdammt viel Spaß und hat ein langes Leben vor sich. Wer kann, sollte sich bevorraten. Preis in D: um die 26,- EUR

Hier gibt´es einen schönen Artikel über Montefalco und seinen Sagrantino, geschrieben von Helmut Knall, einem österreichischen Weinjournalisten.

Domaine Saint Michel Les Clauses – Languedoc-Roussillon / AOC Corbieres

Hier sind wir nicht durch Zufall gelandet, sondern durch einen Händlerkollegen, der uns einen wundervollen Rosé , den 2006er “Esprit de Grain” in Frankfurt zu probieren gab. Schon seine zart lachs schimmernde Farbe vermittelte einem Urlaubsfeeling. Auch am Gaumen eine enorme Fruchtreife mit Aromen von frischen, reifen Beeren. Genau so einen Rosé haben wir eigentlich auf einer vor einigen Wochen in Frankfurt stattgefundenen Provence-Verkostung gesucht und nicht gefunden.

Der Wein machte Lust auf mehr und so hatten wir das große Vergnügen, fast das komplette Sortiment zu probieren und den sehr ehrgeizigen und charismatischen Winzer Michel Raynaud persönlich kennen zu lernen.

Wir probierten:

2006 Corbieres AOC blanc “Domaine Segala Le Haut”
Cuvée aus Marsanne, Roussanne und Viognier. Neben dem Riesling haben es andere, besonders Rebsorten aus dem europäischen Ausland bei mir besonders schwer. Anfreunden konnte ich mich in den letzten Jahren mit den erstgenannten Roussanne und Marsanne, die ja besonders an der Rhone tolle Exemplare hervorbringen. Mit Viognier bin ich bisher noch nicht klar gekommen, wobei der Anteil in dieser Cuvée eher gering ist. Dieser Basis-Weiße ist durch und durch mit einer angenehmen, nicht aufgesetzt wirkenden Frucht ausgestattet, begleitet von einer feinen Säure, mit guter Balance, vermittelt immer ein schönes Trinkgefühl.

2005 Romeo & Julietta VDP rouge
Je 50% Merlot & Syrah, gemeinsam gekeltert, die Trauben wurden nur leicht angemahlen, das Lesegut abgebeert und früh abgefüllt. Sehr angenehmer Easy-Drinking Wein mit der Frucht der Merlot und dezenter Würze und Kräutern des Syrah, viel Ausdruck, moderater Alkohol von 12,5% Tolles Preis/Leistungsverhältnis. Um die 5,50 – 6,00 EUR in D.

2004 Cousu Main rouge AOC Corbieres
Cousu Main bedeutet “handgemacht”. Cuvée aus Carignan, Grenache Noir, Syrah. Dunkelrote Farbe, viel Würze und Kräuter schmeckbar, dezente Frucht, tief, sehr elegant und sehr lang! Unfiltriert abgefüllt. Um die 7,00 EUR in D

2003 Clos Combe long rouge AOC Corbieres
Von über 100 jährigen Carignan-Stöcken bei einem minimalistischen Ertrag von 23hl/ha stammt diese Entdeckung der Vinexpo in Bordeaux. Michel Raynaud beobachtete jahrelang, was der Nachbar denn da auf diesem wertvollen, von Sandsteingeröll und Muschelkalk durchsetzten Böden veranstaltete. Jedenfalls kam von dort kein guter Wein oder die Reben wurden nicht gepflegt. Als Ihm diese Einzellage zum Kauf angeboten wurde, lies er sich nicht lange bitten.

100% Handlese, um die Trauben nicht zu verletzen, werden bei der Ernte kleine 40kg Behälter für den Transport benutzt. Die Hälfte des Weins wird in neuen und einjährigen Barriquefässern ausgebaut, nach der Assemblage ruht er für einige lange Zeit auf den eigenen Hefen und wird im August unfiltriert abgefüllt. Michel Raynaud bezeichnet ihn als seinen vielleicht untypischten Corbieres. 75% 90-jähriger Carignan, 22% Grenache Noir und etwas Syrah. Lange Gärung ganzer Trauben, 50% des Mostes wurden für 6 Monate in Eichenholzfässern ausgebaut, 50% im Stahltank, minimale Filterung. Tiefes Rot, in der Nase komplexe, sich wunderbar zart einschmeichelnde Noten von roten und schwarzen Beerenfrüchten, einem Hauch Kakao und feinstem Ceylon-Zimt. Am Gaumen reif, mit beeindruckender Würze und sehr lange anhaltendem Finale. Ein ganz besonderer Wein, feingliedrig, schmeichelnd und dicht zugleich.

Passt kulinarisch auch in den Sommer zu Lamm oder Rind vom Grill, zu Steinpilzen etc.

Kaufen kann man ihn auch und zwar hier (bei uns) für 10,90 EUR

Bis dahin ein wirklich beeindruckendes Sortiment, Weine mit viel Ausdruck und Sortentypizität, dabei immer elegant und nie schwer oder fett wirkend, beste Trinkweine im positiven Sinne und dabei immer sehr individuell.

Die Krönung der Kollektion aber war der 2000er Chorus!

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2000 Chorus rouge AOC Corbieres
Von 130 Jahre altem Carignan, der 95% dieses Unikates großer Winzerkunst ausmacht. Erinnert in seiner ersten Nase fast an große Prioratweine. 25 Tage Maischegärung, 9 Monate Reifung in französischem und amerikanischer Eiche, 4 Jahre Flaschenreife. Natürlich alles Handlese, nur das allerbeste Traubenmaterial findet Verwendung. Wunderschöne komplexe Nase nach reifen Beeren, Kirsche, schwarze Johannisbeeren, Kräutern wie Thymian oder Rosmarin. Sehr gute Struktur, sehr reiche Aromatik mit perfekter Balance von Holz und Frucht. Enorme Tiefe. Einfach phänomenal. Einzig eine kleine Bret-Note könnte vielleicht den ein oder anderen stören. Liegt um die 17-18,- EUR in D

2001 Chorus rouge AOC Corbieres
hat alle Anlagen, wirkt im Moment etwas verschlossener und braucht noch etwas Zeit.

Bei CGM Vins (vielen Dank an die sympathische Sandra Rossi) gab es Bordeaux, aufgefallen ist mir dieser:

2005 Château Fombrauge Grand Cru St. Emillion
77% Merlot, 14% Cabernet Franc, 9% Cabernet Sauvignon, Ertrag von 28 hl/ha. Keine Pumpen, keine Filter, reine Handarbeit wie zu Urgroßvaters Zeiten, nur mit moderner Präzision. Sehr dunkel, “moderne” Frucht nach Holunderbeeren mit Schokonoten, dicht und fein, kraftvoll und geschliffen, rassig und mit guter Tiefe. Dichter und fester Ansatz, kräftig, saftig und von gutem Fett. Schwungvoll, klar, kühl, frisch. Hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis.