Pfingsten bietet wieder einmal die Zeit, die vergangenen Wochen Revue passieren zu lassen und die diversen Eindrücke von Verkostungen in Worte zu fassen. Nachdem nun einige Zeit ins Land gegangen ist, sind mir am stärksten die Eindrücke der Verkostung der Weine eines Weingutes auf der VDP-Probe Baden in Neuweier sowie auf der Badischen Weinmesse in Offenburg in Erinnerung geblieben.
Bis dato waren mir die Weine vom Weingut Freiherr von und zu Franckenstein aus Offenburg nicht ins Glas gekommen und wären sie sicherlich auch in Neuweier nicht, wäre am Stand von Andreas Laible, mit dessen Weinen wir beginnen wollten, jemand zugegen gewesen. (Wir haben dann später nachprobiert, der „Altmeister“ hat wieder einmal wunderbare Weine auf die Flasche gebracht, die 2009 sicher auch zu den besten der Region gehören dürften)
Glücklicher Zufall, jedenfalls hat uns der erste verkostete Wein – ein 2009er Berghauptener Schützenberg Weissburgunder Kabinett trocken derart beeindruckt, dass ich hier unbedingt die weiteren Weine probieren wollte. Für einen Kabinett ungemein druck- und kraftvoll, kann aber dennoch laufen, zeigt am Gaumen eine wunderbar frische Art und vor allem Saftigkeit, dazu eine feine Cremigkeit. Auch die Säure ist ungemein fein, denn der Schützenberg ist eine Gneislage und profitiert von den etwa 2-3 Grad kühleren Temperaturen als in den anderen Lagen des Weingutes, so gibt es dort nie Probleme mit den Säurewerten der Weine. „Ist noch eine Fassprobe, im Mai soll gefüllt werden, “ meinte der junge Mann hinter dem Stand „und liegt bei fast 100 Grad Oechsle, also schon im hohen Spätlesebereich“ meinte er nun vor dem Stand. Ich hielt erst einmal mit meiner Begeisterung hinter dem Berg, war aber sehr angetan und wollte unbedingt weiterprobieren. Kochikone Schuhbeck hätte wohl verkündet: „der Wein ist in sich stimmig, was willst da meckern“. „Stammt von Gneisverwitterungsböden“, meinte der junge Mann und begann nun zu erzählen.
Bis ins 13. Jahrhundert zurück recht die Chronik des Weingutes. Damalige Besitzer waren die Ritter von Bach, Grundherren im Raum Offenburg. Die älteste betriebliche Aufzeichnung über einen Rebhof stammt aus dem Jahre 1517. Knapp 200 Jahre später kamen die Weinberge 1710 durch Vermählung in den Besitz der jetzigen Eigentümer, der Freiherren von und zu Franckenstein, die 2010 somit ein Jubiläum feiern dürfen.
In der jüngeren Geschichte des Weingutes ragt vor allem ein Name heraus. Fast 30 Jahre war Hubert Doll für den Ausbau der Weine verantwortlich, zunächst als Betriebsleiter, ab 1985 auch als Pächter. Doll war ein Verfechter von Qualität statt Masse, 1992 folgte daher die logische Aufnahme in den Verband der Prädikatsweingüter Deutschlands. Hubert Doll gilt übrigens als der Vater des “trockenen Grauburgunder“, denn als alle noch süße Ruländer erzeugten, war er der erste, der aus dieser Rebe 1979 einen trockenen Grauburgunder vinifizierte.
2007 ging Hubert Doll in den verdienten Ruhestand und es musste ein Nachfolger gefunden werden. Priorität war: er muss aus der Region stammen und so standen bekannte Namen wie z.B. Alexander Laible, der nun sein eigenes Weingut in Durbach führt, sowie die WG Hex vom Dasenstein, auf dem Wunschzettel, aber auch die Familie Huschle fragte an. Und da Vater Georg als ehemaliger Geschäftsführer der WG Zell-Weierbach die Rebanlagen sehr gut kennt, ist nun seit Februar 2008 die Familie Huschle am Ruder dieses traditionellen Weingutes. 14 Hektar wollen nun bewirtschaftet werden. Mit Vater Georg steht ein erfahrener Weinspezialist und Winzer zur Seite. Er war bereits für mehrere Weinkeller in bedeutenden badischen Weinbetrieben verantwortlich. Dank der guten Pflege der Weinberge durch Hubert Doll, der dem neuen Team beratend zur Seite steht, waren die Vorraussetzungen perfekt, den der junge Winzer Stefan Huschle vorfand.
Es war jedoch kein Sprung ins kalte Wasser für den 29 jährigen Geisenheim-Absolventen Stefan Huschle, denn er konnte sich bereits mit der Ernte 2007 in den Betrieb einarbeiten. 2008 war der erste eigenverantwortliche Jahrgang, den er ausbaute und dem der Gault Millau Weinguide sofort einen Qualitätssprung „mit deutlicher Tendenz nach oben“ attestierte, Niko Rechtenberg von „Nikos Weinwelten“ schrieb im Januar 2010: Freiherr von und zu Franckenstein (Ortenau): nach der Übernahme durch die Familie Huschle beginnt das Gut aus dem Dornröschenschlaf zu erwachen. Wenn jetzt die Weine noch feiner werden, hat das Gut eine große Zukunft.
. Huschle selbst ist gebürtiger Offenburger, absolvierte seine Lehre im Weingut Schloss Ortenberg und nutzte die Gelegenheit, sich per Praktikum bei Karl-Heinz Johner im fernen Neuseeland ein paar Dinge abzuschauen.
Was bei Hubert Doll 1978 mit 6,5 Hektar begann, findet nun mit mittlerweile 14 Hektar Reben in besten Ortenauer Lagen in Zell-Weierbach und Berghaupten seine hochqualitative Fortsetzung.
Im Gespräch merkt man ihm seinen Ehrgeiz an, dass Weingut weiter voran zu bringen. Auch setzt er sich sehr für die Belange seiner Region ein, seit Anfang des Jahres ist er stellvertretender Sprecher der Ortenauer Weingüter. Qualität steht für ihn ebenso an erster Stelle wie die Typizität des jeweiligen Terroirs ins Glas zu bringen. Die warmen, tiefgründigen Urgesteinsböden (Granit und Gneis) und das günstige Klima prägen die Weine; zur Eleganz und Rasse kommen Fülle und Reife. Durch sorgsamen Ausbau und Pflege wird diese naturgegebene Qualität erhalten und gefördert.
Ich bin sehr gespannt auf die weitere Entwicklung des Weingutes und hatte schon wenige Tage später die Gelegenheit, die Weine im Rahmen einer Kulinarischen Weinprobe im pfälzischen Weingut und Restaurant Hofgut Gönnheim erneut probieren zu können. Das Motto war Pfalz trifft Baden
Das Menü
Grillierter Thunfisch im Sesammantel mit mariniertem Pfälzer Spargel
2007er Gönnheimer Sonnenberg Gewürztraminer Spätlese feinherb
2007er Zell-Weierbacher Neugesetz Riesling trocken Großes Gewächs (Monopollage auf Granitverwitterungsboden)
Alleine getrunken machte der Neugesetz-Riesling das Rennen. Kraft, dabei elegant mit angenehmer Säure, wirkt sehr vielschichtig am Gaumen. Zum Thunfisch jedoch war er zu kräftig und tendierte ins leicht süßliche, der Thunfisch wurde regelrecht platt gemacht. Der Gewürztraminer (14g Restzucker) spielte regelrecht mit dem Gericht, passte sehr gut zum leicht mit Schärfe ausgestatteten, marinierten Spargel. Beide ergänzten sich perfekt. 1:0 für die Pfalz
Badische Schneckencrèmesuppe
2009er Riesling Kabinett trocken „Deidesheimer Hofstück“
Komplett durchgegorener Riesling mit angenehmer Säure, feine Pfirsichnoten. Super-Preis! (4,30 € ab Hof)
2008er Zell-Weierbacher Abtsberg Grauer Burgunder trocken
Mediterrane Noten von Zitrusfrüchten, Quitte, etwas Orangenzesten, Schmelz, leicht nussig, zarte Säurenoten, frisch. Deutliche Mineralnoten im Nachhall.
Ich bin kein Freund von Weinen zu Suppen, dennoch war mir der Grauburgunder zur Suppe angenehmer, als der resche Riesling, entscheidend war für mich Kombination der erdigen Schnecken und der Sahensüße mit dem Schmelz des Grauburgunders. Fand ich passender. Grandios aber das Preis-Leistungsverhältnis des Pfälzer Rieslings. Dennoch Punkt für Baden und damit 1:1
Angerauchter Kaninchenrücken auf Raukenrisotto mit Rote Bete Schaum
2008er Gönnheimer Klostergarten Chardonnay Spätlese trocken – im Barrique gereift –
Zweitbelegtes Barrique- Fasses, viel, viel exotische Frucht, noch vom Holz geprägt, trocken ausgebaut. Tat sich etwas schwer zum Raukerisotto,
2008er Berghauptener Schützenberg Chardonnay Spätlese trocken
Chardonnay aus der kühleren Gneislage vom Anfang des Kinzigtals – sehr stimmiges Säure Spiel und Schmelz, ausdrucksvoller Chardonnay, der packt und begeistert. Passt zum recht dominanten und leicht nussig-bitteren Raukerisotto wie der Deckel zum Topf zu diesem Gericht. 2:1 für Baden
Limettensorbet (höchst erfrischend)
Gebratenes Rinderfilet mit Tomatenjus, Annakartoffeln und dicken Bohnen
2006er Gönnheimer Sonnenberg Regent QbA trocken – im Barrique- (für 12 Monate)
2007er Zell-Weierbacher Neugesetz Spätburgunder trocken Großes Gewächs
(6 Wochen Maischestandzeit, 18 Monate Barrique 80% Erstbelegung, 20% Zweitbelegung)
Beide Weine machten solo eine gute Figur, beide möchte man auch alleine gerne trinken. Während der Regent eher über eine reife, dunkle Frucht (Cassis- und Brombeernoten) seine Visitenkarte abgab, bestach der Spätburgunder mit seiner Kraft und Finesse. Insgesamt erwachsener und vielschichtiger zum Essen präsentierte sich das Spätburgunder Große Gewächs. Großartig übrigens das ungemein zarte Fleisch. In unmittelbarer Nachbarschaft werden Charolais-Rinder gezüchtet. 3:1 für Baden
Liaison von Erdbeere & Rhabarber mit Balsamicoeis
1999er Riesling Eiswein
163g Zucker pro Liter bei 8% Säure, alleine schon fast ein Dessert selbst, zeigt schon Reifenoten, kernige Säure
2009er Spätburgunder Auslese
Feinfruchtig, elegant. Beide Weine taten sich mit dem Balsamicoeis alleine sehr, sehr schwer, in Verbindung mit dem Mousse der Früchte und dem Hippenteig waren beide Weine perfekt passend. Unentschieden und somit 4.2 für Baden.
FREIHERR VON UND ZU FRANCKENSTEIN
Stefan Huschle
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77654 Offenburg
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