es waren nur noch Sekunden zu spielen in der 2 minütigen Nachspielzeit, als das Spiel fast einen anderen Helden geboren hätte. Verteidiger Christian Wörns stocherte nach einem Eckball von Mladen Petric den Ball aus 2 Metern ins KSC Gehäuse und im Stadion entlud sich ein ohrenbetäubender Jubel der 70.000 Borussen-Fans, selbst Christian Wörns salutierte bereits vor der mit 25.000 Fans vollbesetzten Südtribüne. Doch ein Mann hatte etwas dagegen. Linienrichter Dirk Margenberg: einsam stand er da und hielt sein Fähnchen in die Höhe. Abseits ?? Foul ??. Noch Minuten danach im Stadion vor den Premiere-Fernsehbildern und bis zur Aufklärung in der „guten, alten Sportschau“ später diskutierten die Menschen, was er da wohl gesehen haben mochte? Nun, es war abseits, und man muss dem Mann an der Linie nachträglich ein Riesenkompliment machen, denn diese besondere Regelanwendung kommt ja nicht jede Woche vor, dazu noch Gelb-Schwarz im Rücken…
In der Zwischenzeit jedoch wurde der wahre Held des Tages vor dem KSC-Fanblock und seinen Mitspielern gefeiert.
TORHÜTER MARKUS MILLER: ihm alleine war es zu verdanken, dass der KSC wenigstens einen Punkt aus dem Signal-Iduna-Park entführte, denn alleine er entschärfte 8 hochkarätige Chancen der Dortmunder Borussen, die in der ersten Halbzeit gegen einen lustlosen, extrem passiven und in allen Belangen unterlegenen KSC dominierten. Einzig Markus Miller stemmte sich gegen eine „Packung“. Höhepunkt dieser Lustlosigkeit seiner Mitspieler war das Verhalten beim Stellen der Mauer zum 1:0 in der 24. Minute. Da wir direkt hinter dem Tor unsere Plätze hatten, konnten wir die verzweifelten Versuche des Torhüters mitverfolgen, seine Mitspieler zum Stellen einer 4 Mann- Mauer zu motivieren, doch außer Gottfried Adoube und Andreas Görlitz fühlte sich keiner angesprochen. Freie Bahn also für Petric, der dieses Geschenk dankbar annahm und den Ball in der kurzen Mauerecke versenkte.
Ansonsten war die erste Halbzeit des KSC eine weitere Steigerung ins Negative nach dem schon unsäglichen Gekicke gegen die Frankfurter Eintracht. Null Aggressivität, schwaches Zweikampfverhalten, kein Wille, viele Fehlpässe. Es war mit das Schlechteste, was ich seit 2 Jahren vom KSC gesehen habe. Entsprechend laut muss es wohl in der Kabine gewesen sein, denn in Hälfte 2 traten die „Blauen“ deutlich engagierter auf, und es entwickelte sich bis zum Ausgleich ein druckvolleres Spiel des KSC, die logische Konsequenz war der Ausgleich durch Sebatian Freis 5. Saisontreffer, hervorragend vorbereitet durch den guten Edmond Kapllani und den läuferisch starken aber ansonsten unauffälligen Tamas Hajnal. In der Folge entwickelte sich ein spannendes Spiel, es ging rauf und runter, wobei sich die Borussen wieder ein deutlicheres Übergewicht erarbeiteten und die zahlreichen Großchancen dank eines überragenden Markus Miller nicht verwerten konnten, der sich nun wohl auch berechtigte Chancen auf einen Platz in der Nationalmannschaft machen kann, allerdings wohl erst nach der EM und dann wohl im Zweikampf mit seinen Kontrahenten Manuel Neuer von Schalke 04 und Rene Adler von Bayer Leverkusen.
Abseits des Spielgeschehens: ein beeindruckendes Stadion. Wohnzimmeratmosphäre, tolle Stimmung vor und während des Spiels. Während man in Frankfurt bei 50.000, in Karlsruhe bei 30.000 auf dem Weg zur Straßenbahn erstmal 20 Minuten benötigt um überhaupt aus dem Stadion herauszukommen, ist dort bei 75.000 Zuschauern ein völlig entspanntes aus dem Stadion gehen möglich. Toll auch, dass sich Dortmunder und Karlsruher Fans gemischt bewegen konnten und es zu keinerlei Gehässigkeiten im Stadion kam. Eine weniger rühmliche Ausnahme muss es natürlich auch geben: das höchst aggressive Auftreten einiger in Polizeischutz laufenden Gruppe in komplett dunkler Montur. Nur provozierend unterwegs, vor dem alten Stadion Rote Erde gab es dann auch einige Handgreiflichkeiten und fliegende Bierbecher, aber die Polizei war sofort zur Stelle. Diese Gruppierung KSC-Fans zu nennen, wäre hier falsch am Platz, der Blick in die Gesichter, die Sprüche sowie das gesamte Auftreten erinnerte mich eher an längst vergangene Zeiten.
Die Blau-Weißen rangieren mit nun 37 Punkten auf dem neunten Tabellenplatz. Am kommenden Wochenende trifft die Becker-Elf mit dem FC Schalke 04 erneut auf einen Verein aus dem Ruhrgebiet, diesmal allerdings im heimischen Wildparkstadion. Anpfiff ist am Samstag um 15.30 Uhr. Nicht dabei sein werden Michael Mutzel und Godfried Aduobe. Beide sahen in Dortmund die fünfte gelbe Karte.
Stenogramm:
Borussia Dortmund – Karlsruher SC 1:1 (1:0)
Borussia Dortmund:
Ziegler – Rukavina, Hummels, Wörns, de Deus Santos – Kringe (71. Klimowicz), Kehl, Federico (58. Kruska), Tinga (46. Buckley) – Valdez, Petric – Trainer: Thomas Doll
Bank: Bade, Amedick, Frei, Kovac
Karlsruher SC:
Miller – Görlitz, Eggimann, Franz, Eichner – Mutzel, Aduobe, Freis (87. Buck), Hajnal (76. Timm), Iashvili (46. Carnell) – Kapllani – Trainer: Edmund Becker
Bank: Kornetzky, Staffeldt, Stoll, Stindl
Tore:
1:0 – Petric (25.)
1:1 – Freis (63.)
Gelbe Karten:
Mutzel, Aduobe, Eggimann
Zuschauer: 74.300
Schiedsrichter: Michael Weiner (Giessen)
Assistenten: Norbert Grudzinski, Dirk Margenberg, Walter Hofmann