Fienholds Kolumne – Weinprobe im Salonwagen bringt die Tester ins Wanken

FIENHOLDS KOLUMNE FÜR LEUTE, DIE AUF DER SUCHE NACH EINEM GUTEN BORDEAUX SIND

Manchmal macht es richtig Spaß, mit der Bahn zu fahren. In einem plüschigen Salonwagen etwa. Und noch mehr in einem, der – bis auf das Lokführerhaus – mit Wein bestückt ist. Ein solcher Sonderzug fuhr jetzt zwischen Frankfurt und Heidelberg hin und her, um Gastronomen, Händlern und Fachjournalisten eine Auswahl von über 100 verschiedenen Bordeaux-Bouteillen näher zu bringen. Gesteuert wurde der an den Orient- Express der 20er Jahre erinnernde Zug gewissermaßen von der Sopexa, einem weltweit agierenden Marktstrategen, welcher sich insbesondere für französische Lebensmittel stark macht.

Das Bekannteste, was die Region Bordeaux je hervorgebracht hat, sind ihre Weine. Rotwein-Stars wie Mouton-Rothschild oder Margaux haben das Image entscheidend geprägt, gar ins Legendäre gehoben. Dabei ist längst nicht alles gut, was aus diesem bekannten Teil Frankreichs kommt. Mittelmaß – und vieles darunter – schwemmt allerorten über die Theken.

Das Hauptanliegen der Weinvertretungen dieser deutschlandweiten Zug-Nummer war es denn auch, zu beweisen, dass guter Bordeaux nicht teuer sein muss und es mehr als nur akzeptable Angebote mit einem gesunden Preis-Genuss-Verhältnis gibt. Denn mit 200 Euro in der Hand kann man jeden Laien einen guten Wein einkaufen lassen. Es erfordert jedoch weit mehr Kenntnis und Erfahrung, um im mittleren Preissegment einen guten Tropfen zu finden. Genau deshalb wurden im Weinzug ausschließlich günstige Tropfen aufgefahren, mit Preisen zwischen 5 und 15 Euro.

Noch bevor die ersten Weine verkostet werden konnten, gerieten die Gäste wegen der Gleisverschiebungen ins Wanken. Auch die Enge in den Wagons erforderte logistisches Vorgehen und Geschick, weil man ständig mit anderen Fahrgästen aneinander stieß. Angesichts der angenehmen Atmosphäre in den historisch gestalteten Salonwagen waren die Weichen jedoch auf gute Stimmung gestellt. Während die Rosés, Weißweine und Crémants erwartungsgemäß fast alle enttäuschten, zeigten sich die Rotweine stellenweise in einer überraschend guten Form.

Erstaunlich, dass es mit dem Château la Peyrère du Tertre (Cuvée Jean) einen sehr eleganten, feinwürzigen Bordeaux zum Preis von 10 Euro gibt. Noch etwas günstiger sind Château la Tuilerie du Puy (Cuvée Tradition) und Château de la Vieille Tour (Réserve Tradition) zu haben, die jeden Weinkeller zieren. Die Weingüter Perayne, Montlau, Mirimbau Papin und Cadillac zeigten viel Bordeaux für wenig Geld. Fleischig, kraftvoll und leicht animalisch präsentierten sich Lagorce und Boussuet, die zwischen sechs und sieben Euro kosten.

Gut ein Drittel der vorgestellten Weine bewiesen, dass Bordeaux auch in der soliden Mittelklasse wieder stärker vertreten ist. Besonders beliebt machte sich durch seine leidenschaftlich kraftvolle Struktur der Heritage vom Château Ségonzac aus den typischen Bordeaux-Rebsorten Merlot und Cabernet Sauvignon.

Während die Winzer einiger der genannten Tropfen noch auf der Suche nach deutschen Importeuren sind und sich Weinfreunde vorerst mit Internetbestellungen behelfen muss, hat das Château Ségonzac bereits Partner gefunden: Bernd Klingenbrunn und Armin Maurer, die in der Hamburger Allee in Frankfurt ihren neuen Weinladen betreiben und durch ein individuelles Sortiment und faire Preise positiv auffallen. Dort gibt es auch noch andere Weine von Ségonzac, etwa die Cuvée Tradition aus Merlot und Malbec, was im Bordeaux eine Besonderheit ist, da diese Rebsorte dort kaum noch existiert, dem Wein aber interessante Noten von Tabak und Gewürzen verleiht. Bernd Klingenbrunn und Armin Maurer führen in ihrem Weingeschäft auch immer wieder lohnenswerte Verkostungen durch.

K & M Gutsweine, Frankfurt, Hamburger Allee 37, Tel. (069) 71 71 34 30 www.gutsweine.com

Quelle: Frankfurter Neue Presse vom 04.11.2006 Autor: Ludwig Fienhold