Erwin Tinhof
Erwin Tinhof | Burgenland
18 ha Rebfläche | Produktion ca. 90.000 Flaschen | biozertifizierte Arbeitsweise | Spezialist für die aussterbende Rebsorte Neuburger | Erstkontakt 2004 | seit Oktober 2005 bei K&M im Sortiment
Herkunft
Die Familie Tinhof bewirtschaftet seit 12 Generationen Weingärten am Leithaberg bei Eisenstadt. Seit einer Ewigkeit dreht sich auch fast alles im Leben des Eisenstädters Erwin Tinhof um den Wein. Schon als Kind macht er sich gemeinsam mit dem Vater im Weingarten die Hände schmutzig. Später hat er den 1 ha großen Weingarten seines 1983 verstorbenen Vaters gemeinsam mit 3,5 von seinem Onkel gepachteten Hektar begonnen selbst zu bewirtschaften. Als guter Freund von Dr. Josef Schuller MW war er einer der ersten Mitarbeiter und Lektor der Weinakademie Österreich, studierte Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien und der Universität von Montpellier. Er dissertierte mit einer Diplomarbeit über Welschriesling im Burgenland.
Mas de Daumas Gassac – richtungsweisend
Entscheidend für seine Entwicklung war ein Praktikum am Weingut Mas de Daumas Gassac in Südfrankreich. „Auch dort werden keine internationalen Sorten angebaut, sondern Mas de Daumas konzentriert und reduziert sein Portfolio auf das Regionale. “Das habe ich von dort
mitgenommen: die Eigenständigkeit der Darstellung des Terroirs und den Willen, dieses international zu präsentieren!“
Autochthon
Es sind ausschließlich österreichische Rebsorten, die auf Tinhofs Weinbergen – alle oberhalb des Schlosses Esterhazy gelegen – ihre Wurzeln in die Erde schicken. Der Grund für so viel Konsequenz liegt in Frankreich vergraben.
Eines schönen Tages stand Tinhof vor der Lage Romanée-Conti, der berühmtesten in Burgund. Die Antwort auf die Frage, warum dieser Wein “zum Donnerwetter so teuer ist”, glaubt der 47-Jährige zu kennen: Es sind der Boden und die Lage, die den Wein besonders machen. “Na gut”, denkt er sich. Warum auf den Hängen des Leithagebirges Chardonnay pflanzen, wenn dort der Neuburger zuhause ist?
Tinhof – das sind wir alle
2010 erfolgte der Einstieg von Neffe Lukas Plöckinger und seinen Ideen in das Weingut Tinhof. Er studiert wie sein Onkel Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien und absolvierte ein Praktikum am international renommierten Weingut Kollwentz in Großhöflein. Erwin und Lukas profitieren sehr vom ständigen Meinungsaustausch. Beide können sich und ihre Weine dadurch weiterentwickeln. Sämtliche Entscheidungen treffen sie gemeinsam. Für alle Aussagen und Zitate zeichnen daher Erwin Tinhof und Lukas Plöckinger gemeinsam verantwortlich.
„Wir sind kein Familienweingut, sondern wir alle miteinander sind Tinhof. Unsere Familie ist seit 11 Generationen am Leithaberg; das ist eine Gnade, nicht mein Verdienst. Es ist auch eine Verantwortung für Vergangenheit und Zukunft. Erwin ist nicht so wichtig für Tinhof, sondern dass die Personen eine Idee vertreten; Tinhof wird von den handelnden Menschen beseelt und gelebt, aber es soll eine übergeordnete Vision geben, unabhängig von der Generation“.
Schon ganz zu Beginn seiner Winzerlaufbahn 1990 hat Erwin Tinhof seine Weine in Burgunderflaschen gefüllt, „weil die Lagenvielfalt und die Reduktion auf das Wesentliche im Burgund ein Vorbild für mich sind. Ich wollte immer mit autochthonen Sorten arbeiten – in Frankreich baut auch niemand Neuburger an.“
Die Reduktion und Konzentration auf die Regionalität, die Eigenständigkeit der Darstellung des Terroirs: das hat Erwin Tinhof von seinem Aufenthalt auf Mas des Daumas Gassac mitgenommen. Sein Wunsch war, so etwas auch in Österreich umzusetzen, allerdings war der
österreichische Weinbau Anfang der 1990er Jahre sehr Mainstream- und international orientiert. So schwamm er eben gegen den Strom und stellte Herkunft und Lagen in den Mittelpunkt seines Schaffens. Das wichtigste Ziel ist es, „die verschiedenen Böden, welche die Typizität unserer Region ausmachen, in unseren Weinen auszudrücken. Daher haben wir 5 verschiedene Blaufränkisch.
Das Portfolio
Mit den Einstiegsweinen Tinhof Blanc und Tinhof Noir wollen wir Konsumenten an unseren Stil und unsere Heimat heranführen. Neuburger gibt es von verschiedenen Böden und in unterschiedlicher Komplexität.“ Lukas liebt den Neuburger besonders und möchte ihn „den Menschen schmackhaft machen. Er ist für mich eine tolle Sorte und mein Wunsch wäre, dass wir bald eine Messlatte für Neuburger sind. Wenn man über diese autochthone Sorte spricht, sollte man unbedingt auch über Tinhof sprechen.“
Mit wenigen Sorten wird hier eine große Weinvielfalt gezeigt, die auf die unterschiedlichen Böden zurückzuführen ist.
Tinhof = Bio
Biologisch zu wirtschaften war immer schon selbstverständlich für Erwin Tinhof. „Ich wurde zwar inspiriert, vor allem von André Ostertag und Marc Kreydenweiss sowie Anne-Claude Leflaive, denn auf den kalkigen Böden im Burgund herrschen sehr ähnliche Verhältnisse wie bei uns. Ich bin zu sehr Naturwissenschaftler, um mich da emotional hinreißen zu lassen, aber ich habe Respekt vor der Natur; es müssen Dinge von selber wachsen und entstehen.
Natur pur
Wir arbeiten in Weingärten, die seit 500 Jahren bekannt sind. Wir arbeiten für das langfristige Wohl der Natur. Wir denken nicht kurzfristig, und auch unsere Weine stehen für Langlebigkeit. Wir arbeiten mit der Zeit!“ Durch intensive Beschäftigung mit den Rebanlagen entsteht Wissen, Verständnis und schließlich das „Vertrauen, dass uns die Reben nicht im Stich lassen werden“.
Nach den Richtlinien des biologischen Weinbaues wurde schon lange gearbeitet, aber erst seit 2009 machte die Bewirtschaftung von größeren zusammenhängenden Flächen die Zertifizierung sinnvoll und argumentierbar. Erwin: „Ich glaube, dass der Bio-Begriff oft missbraucht wird. Ich werde nicht mit einem Pferd die Weingärten bearbeiten. Ich habe größten Respekt vor denen, die das machen, aber ich selber kann das nicht leben.
Auf Kupfer und Schwefel können wir nicht verzichten, weil wir eine gewisse Wirtschaftlichkeit erreichen und erhalten müssen. Trotzdem ist es ein Riesenunterschied zu konventionellem Weinbau. Es ist das gleiche, wie wenn Menschen krank sind: vitalisiere ich mich über Ernährung und Lebensweise oder nehme ich Antibiotika, die nur kurzfristig wirken? Es waren viele kleine Schritte, die mich zu Bio geführt haben. Die Kunden und unsere Mitarbeiter danken es uns, indem sie dahinterstehen. Alle unsere Mitarbeiter kennen jeden Stock, die Mikroklimata, die Verhältnisse. Das ist eine Einheit, eine Harmonie“. Lukas ergänzt, dass auch in schwierigen Jahren wie 2010 oder 2014 die Vitalität der Rebstöcke deutlich besser und stabiler ist als in konventionell bewirtschafteten Weingärten. „Es hat also einen Effekt. Schwierige Jahre stressen uns nicht mehr so, weil wir wissen, was die Weingärten können. Wir haben mehr Vertrauen“. Seit 2012 ist das Weingut Tinhof biozertifiziert.
Region Leithaberg – Weine vom Urmeer
“Das Leithagebirge ist ein Kleinod, qualitativ unheimlich faszinierend und nach wie vor unterschätzt.” Erwin Tinhof weiß, wovon er spricht. “Ich erzähl Ihnen ja keine G’schichteln: Seit 2800 Jahren gibt es hier nachweislich Weinbau. Erdkundlich betrachtet ein Klacks, für ein Menschenleben bedeutet es eine Ewigkeit.” Im 11. Jahrhundert haben Zisterziensermönche die Rebsorten Blauer Burgunder (Pinot Noir)
und Grauer Mönch (Pinot Gris) in das Gebiet zwischen Leithagebirge und Neusiedlersee gebracht. Schon vor den Türkenkriegen wurden Franken hier angesiedelt um das Land wieder aufzubauen. Danach hatten viele Adelige, aber auch Kommunen Weinbergsbesitz an den Hängen des Leithagebirges.
Da das Burgenland bis 1921 zu Ungarn gehörte, wurden die Weine vor allem dort verkauft und vermarktet, aber auch in der Residenzstadt Wien. Die Zugehörigkeit zu Ungarn erklärt auch die Bedeutung des Blaufränkisch, der als Kékfrankos eigentlich eine ungarische Sorte ist; vermutlich wurde er deshalb hier verstärkt angebaut um den Österreichern zu zeigen „wie man ordentlichen Rotwein macht“.
Die Familie Tinhof ist tief mit dem Leithaberg verwurzelt: mit Lukas Plöckinger bearbeitet hier nun die 12. Generation Weingärten. Er meint: „Die Bodenstruktur gibt uns gewisse Möglichkeiten vor. Die 17 Millionen Jahre sind greifbar, sind schmeckbar! In feinen, eleganten,
strukturierten, aussagekräftigen Weinen mit unverwechselbarem Charakter.
Unsere Weingärten liegen alle in Seehöhen von 150 – 280 Metern, aber alle haben andere Mikroklimata. Manche liegen am Wald, manche ganz offen. Die Kleinstrukturiertheit des Leithagebirges gibt uns die Vielfalt.“
Erwin Tinhof war 2002 ein Gründungsmitglied des Vereins Leithaberg, der die Schaffung der geschützten Ursprungsbezeichnung „Leithaberg DAC“ vorantrieb.
Böden
Das bis zu 484 m hohe Leithagebirge (oder „Der Leithaberg“) zieht sich 35 km entlang des Westufers des Neusiedlersees. Der Boden besteht im Kern aus kristallinem Gneis- und Glimmerschiefer die von stark kalkhaltigen Sedimenten des Urmeeres überlagert wurden. Die
Mischung aus Urgesteinsverwitterungsböden mit Schiefer und Muschelkalk gibt den Leithaberg Weinen ihren unverwechselbaren Charakter:
Kristalline Böden erwärmen sich leicht, sind karg und zwingen dadurch die Reben in die Tiefe zu wurzeln. Das wiederum ermöglicht die Aufnahme von gelösten Mineralsalzen aus dem Boden. Kalkhaltige Böden geben den Weinen eine spezielle, elegant-kompakte Säurestruktur und Pikanz. Sie sind besonders geeignet für Rebsorten der Burgundergruppe wie Blauer Burgunder, Sankt Laurent, Weißer Burgunder (Pinot Blanc) und Chardonnay sowie Neuburger. Zahlreiche Funde von versteinerten Muscheln und Meeresschneckenhäusern bezeugen den Ursprung des Leithaberges aus dem Urmeer.
Klima
Der weithin sichtbare Höhenrücken des Leithaberges stellt eine Klimascheide zwischen atlantisch – alpinem und pannonischem Klima dar. Auf seiner Ostseite, geschützt vor kühlen Winden aus Norden und Westen ist die Vegetationsperiode deutlich länger als in den umliegenden Gebieten.
Die Frühlinge und Herbste sind meist mild. Die Wassermasse des nahen Neusiedlersees speichert im Sommer Wärme und gibt sie im Herbst wieder ab. In beiden Jahreszeiten sorgt der See dadurch für ein ausgeglichenes Klima welches feine, engmaschige und mittelgewichtige Weine reifen lässt. Kleinsträumige Unterschiede entstehen durch die schützenden Wälder am Leithaberg. Die Winter sind kalt und durchaus schneearm. Die Jahresniederschlagsmenge liegt zwischen 400 bis 600mm/m2.
Tinhof = Leithaberg
Was ist die Herausforderung, um aus der jeweiligen Rebsorte die meiste Typizität am Leithaberg herauszuholen?
„Wir pflanzen autochthone Rebsorten auf einzigartigem Boden und erzeugen daraus unkonventionelle Weine. Diese mineralische Stilistik gibt es mit diesen Rebsorten sonst nirgendwo. Dazu nehmen wir alte und bewährte Klone, die aus eigenen Weingärten veredelt werden. Wir haben spezielle Unterlagsreben, die den Aktivkalkgehalt aushalten und auch nützen können. Und die bei uns übliche hohe Pflanzdichte erzeugt die unverwechselbare Leithakalkmineralik.“
„Rebsorten sind austauschbar. Unser Wein hat eine Heimat: die Böden, das Klima, die Menschen und ihre Ideen. Wir tun das was wir tun gerne und haben den Überblick über das was wir tun. Wir kennen unsere Lagen seit Generationen. Wir übernehmen Verantwortung für unser Handeln und die Natur. Wir wollen Botschafter des Leithaberges sein“.
Weingärten
Eine Besonderheit am Weingut Tinhof ist der Bestand an alten bis zu 60jährigen Rebstöcken. Seit 2003 werden Weingärten auch neu bepflanzt, hier fällt die hohe Pflanzdichte von 7.000 Stöcken pro Hektar auf. Das reguliert die Erträge und damit die Belastung: 1 Stock ergibt 1 kg
Trauben, das heißt 1 Flasche Wein. So bleibt der Stock länger gesund und vital.
Und gemeinsam mit der Dauerbegrünung zwingt die Stockdichte durch Konkurrenz die Wurzeln schneller und tiefer in den Boden zu wachsen. Dadurch können sie mehr Mineralsalze aufnehmen was die Weine tiefgründiger und komplexer macht. Weiters ist die richtige Standortauswahl entscheidend: nicht jede Rebe und jede Unterlage passt in jeden Weingarten. Wer das beachtet hat dann weniger Probleme, es bedarf aber langfristiger Planung.
Die Böden geben den Stil vor: elegante, feine strukturierte und aussagekräftige Weine. Durch biologische Bewirtschaftung werden die kleinräumigen Unterschiede herausgearbeitet: Leithakalk und ein wenig Glimmerschiefer wechseln sich ab und erzeugen mit dem Einfluss von Bewaldung, Wind, Schatten und Sonneneinstrahlung eine große Vielfalt.
Tinhof Neuburger & Weißburgunder Verkostung im Wiener Steirereck: 25 Jahrgänge 1990-2014.
Bericht von Petra Bader
Bericht von Carsten Stammen
Wein für Wein Podcast#44 vom 30.04.2022 Tinhof – Neuburger Ried Golden Erd 2017
Anschrift des Weingutes:
Tinhof | Eisenstädter Straße 10 | 7061 Trausdorf an der Wulka
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