Quo vadis Chianti Classico – Marco Pallanti in Wiesbaden

Marco PallantiAm Donnerstag, den 02.11.06, kam der neu gewählte Präsident des Consorzio Vino Chianti Classico, Marco Pallanti nach Wiesbaden in den Nassauer Hof, um in einem Pressegespräch über die Aktivitäten und Neuheiten zu berichten, die er zu Amtsbeginn in Angriff nehmen will.

Als Weinfreund, der über die Region Chianti Classico überhaupt erst zum Weingenuß gekommen ist, hat mich das Antrittsgespräch, die Visionen, die Marco Pallanti hat und natürlich die anschließende Verkostung von 9 Weinen besonders interessiert.

Enttäuschend das Interesse der Medien. Gerade mal 12 Personen wollten sich darüber informieren.

Die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick:

Ab dem Jahrgang 2006 sind keine weißen Rebsorten im Chianti Classico und CC Riserva zugelassen.

Für einen Chianti Classico dürfen nur Reben verwendet werden, die älter als 4 Jahre sind

Maximaler Ertrag von 52,5 hl/ha

Abfüllung der Weine darf nur in der Region erfolgen

Vinifikation sollte traditionell erfolgen: Handlese, Ausbau in Beton, der kontinuierlich durch Stahl zu ersetzen ist, max. 30 Grad bei der Fermentation der Weine.

Appellationweine sind noch nicht vorgesehen, da das Terroir in den Zonen wie Radda oder Panzano Ähnlichkeiten und Überschneidungen haben.

Durch das Projekt Chianti Classico 2000 haben sich die Klone R24, F9, VCR 23, VCR 19 als sehr gute Klone erwiesen, diese sollten auch verwendet werden.

Künftig wird die Herkunft analog zum Brunello durch Kennzeichnung im Internet nachverfolgbar sein

Dem Wein muss nicht nur äußerlich ein neues image gegeben werden, sondern auch der Inhalt sollte die Region wiederspiegeln. Deshalb muss die Sangiovese-Rebe im Mittelpunkt stehen, denn sie ist für die Region wichtig und einzigartig.

Die Probe:

Die anschliesende Verkostung von je drei Weinen unterschiedlicher Stilistiken brachte für mich mehr Klarheit, was ich unter einem Chianti Claassico verstehe.

Nicht die aufgepumpten, mit Extraktion und Holztannin aufgeblähten Bordeaux-Typen, die schon beim Riechen im Glas satt machen, nein: mein Favorit ist der beerige, mit frischer Säure und angenehmer Adstringenz ausgestattete Trinkwein aber auch der Begleiter bodenständiger Heimatküche einfachster, aber bestens zubereiteter Indegrenzien.

Ein bischen Moderne schadet nicht, wie beim 2001er Riserva von Felsina, deren Stilistik sich zwar in den späten 90ern etwas gewandelt hat, aber immer noch Herkunft erkennen läßt. Durch die etwas schwereren Böden um Castelnuovo Beradenga auch etwas dichter am Gaumen, aber auch gut balanciert, mit einem Hauch Holz, aber die Sangiovese immer unterstütztend und nicht verleugnend.

Sehr gut auch:
2004 Chianti Classico Tenuta di Lilliano

Aus einem sehr guten Jahr, da es keine Wetterkapriolen gab. Offener, beeriger Duft; viel Frucht am Gaumen, sehr präsent, schöner Schmelz, reife Tannine, nicht trocknend, gute Persistenz. Ein Klassiker, der auch zum anschließenden Buffet vollends überzeugte.

2003 Chianti Classico Castello di Ama
Auch die Toskana hatte unter der Hitze 2003 zu leiden. Wer jedoch höhere Lagen wie Ama besitzt (etwa auf 500m), konnte die Weine früher ernten. Das merkt man diesem Wein sehr gut an. Keine Marmelade, Sangiovese erkennbar, moderne Lakritznoten, dunkle Beerenfrucht, reif aber nicht gekocht wirkend, reicher Körper, dezentes Holz, immer begleitend, nie dominant. Sehr harmonisch mit dunkler Würze.

2001 Chianti Classico Riserva Fattoria di Felsina
In den ersten 3 Wochen des Oktobers 2001 geerntet, danach für 12-15 Tage Mazeration. 2 Monate Barrique und danach 18 Monate im kleinen Holz, anschließend 6 Monate Flaschenreife. Klassische kirschfrucht, reife, süße Tannine, würzig am Gaumen, elegant, Säure merklich, aber gut aufgefangen durch den Körper. Immer noch als Toskaner erkennbar. Macht Trinkspaß zum Essen.

Danach dann genau die Tropfen, die wahrscheinlich besser in eine Bordeaux-Probe passen, so zugeschminkt und überextrahiert wirkten die Weine. Keinerlei Trinkspaß, sattmachend, nicht als Sangiovese erkennbar, aber: GUT GEMACHTE WEINE FÜR DAS INTERNATIONALE PUBLIKUM!

2004 Chianti Classico Barone Ricasoli
Trotz 100% Sangiovese wurden Cabernettöne wahrgenommen. Bordeaux-stylish, viel Holzextrakt. Sattmachend, sehr fordernder Wein.

2003 Chianti Classico I Massi – Il Colombaio di Cencio
Sangiovese/Merlot/Canaiolo; offene Fermentation für 33 Tage; 1 Jahr in gebrauchten Barriques; Merlot-Stinker, Schokolade, sehr rund und weich, kaum Säure und Leben im Wein, Weichspüler…Vernell!

2001 Chianti Classico Riserva Il Molino di Grace
90% Sangiovese, der Rest Stillschweigen. Viel Kraft; sehr fest am Gaumen, macht allerdings auch schnell satt, alles sehr intensiv und fordend. Wo bleibt die Trinkfreude?

Um das weinaffine Publikum für Chianti Classico zu begeistern, wurden unter dem Motto „Der Schwarze Hahn on Tour“ im Zeitraum vom 6. bis 12. November bei insgesamt 30 Gastronomie-Partnern je acht ausgewählte Chianti Classico Weine im glasweisen Ausschank präsentiert. Der Veranstalter, das Consorzio Vino Chianti Classico, bietet damit einen unkomplizierten Einstieg und zudem einen Vergleich verschiedener Chianti Classico Weine, der so ansonsten in der deutschen Gastronomie nicht möglich ist.

Die Promotion fand in Frankfurt u.a. im Orpheo´s statt::

Frech fand ich die Glaspreise, denn der Gastropartner hatte die Weine sicherlich gratis zur Verfügung gestellt bekommen.

2003 Chianti Classico Valle delle Corti 0,1 l für 3,- EUR
moderner Typus, weiche Säure. War ganzok, aber nicht mein Fall.

2004 Chianti Classico Fatt. die Petroio 0,1l für 3,20 EUR
rauchiger Duft, sehr rund am Gaumen, süße Tannine, moderner Typus

2001 Chianti Classico Riserva Colle Bereto 0,1l für 4,20 EUR
klassisch, saftig, gute Säure. Macht Spaß!

Der richtige für unser Sortiment war noch nicht dabei, aber es folgen ja die Prowein und da werden wir wieder reinschnuppern, in die Visionen des Marco Pallanti und das, was die Consorzio-Mitglieder auf die Flasche gebracht haben.