Toskana 2007 – zurück zu den Wurzeln

Rückblende in das Jahr 1992:

ein Geschenk der damaligen Arbeitskollegen in Form eines Chianti Classico des renommierten Weingutes Castello dei Rampolla aus Panzano war der Knackpunkt zu der Weinleidenschaft, deren Resultat nach 13 Jahren 2005 in einem Weinladen mündet.

Natürlich war diese Entwicklung im Oktober 1992 nicht abzusehen. Unser erster Trip in die Toskana! Es schüttete 14 Tage in Strömen, teilweise waren ganze Ortschaften (Ponte a Caiano) von der Außenwelt abgeschnitten, Weinberge sind auf Straßen abgerutscht, der Ponte Vecchio hatte nur noch 30 cm Luft zum darunter fließenden Arno, die 4-Buchstabenzeitung titelte “FLORENZ, RETTET, WAS ZU RETTEN IST” und in der badischen Heimat Gernsbach machte man sich Sorgen. Handy´s gab´s halt damals nicht ;-(

Die schwersten Regenfälle seit damals 179 Jahren hatten die berühmte Kunststadt am Arno in ein Chaos verwandelt. (Dass schaffen übrigens heute einige Busladungen Touristen)

An einen tollen Jahrgang des aus der spätreifenden Sangiovese-Traube bestehenden Chianti Classico war nicht zu denken.

Dennoch haben wir damals das Beste aus dieser Situation gemacht, haben Land und Leute lieben- und kennengelernt, wurden auch noch zu später Stunde freundlichst in urtypischen Osterien mit köstlichen, toskanischen Speisen verwöhnt, wo eigentlich schon Feierabend war. Gerade diese urtümliche, aus einfachsten Zutaten wie Brot, Bohnen, Kräutern, Tomaten, Gemüse, Olivenöl und heimischen “Viechern” (Chianina-Rind & die herrlichen Würste von Falorni) bestehende, einfache, vielleicht rustikal-bäuerliche Küche hat mich als gelernten Koch bis heute so fasziniert, dass ich italienische Restaurants in Deutschland größtenteils meide, weil ich diese “ehrliche” Küche in Deutschland nicht finde. (Gerne nehmen wir Tipps entgegen und nach kulinarischer Prüfung veröffentlichen wir diese sehr gerne)

Viele Urlaube haben wir danach in dieser Traumlandschaft verbracht, der damals günstige Kurs der Lire (1000 Lire = 80 Pfennig) machte es einem aber auch nicht schwer, günstig unterzukommen und sich reichlich mit besten Weinen zu bestücken, zumal die Topjahrgänge der Chianti Classico Riserva 1988 und 1990 auf den Markt kamen bzw. waren. Eine Flasche der besten Erzeuger wie Felsina, San Giusto a Rentennano, Castell´in Villa, Vignamaggio, Vicchiomaggio und noch viele mehr, war damals in den diversen Enotheken in Radda, Castellina, Greve oder Panzano für ganze 10,- DM zu bekommen, aktuell im September 2007 reicht die Spanne von 14-30 EUR und mehr.

Mein letzter Besuch fand im Jahre 2002 statt. Damals, und das war wohl den meisten toskanischen Weinbauern Investoren nicht bewußt, befand sich das Chianti Classico in seiner tiefsten Krise. Die monetären Gewinne der Jahre 1995 bis 2000 wurden in repräsentative Objekte gesteckt, statt in die Erhaltung der Weinqualität, man wollte schließlich zeigen, dass man es geschafft hatte. Doch der deutsche Konsument wandte sich ab von den toskanischen Gewächsen. Zu wenig Identität, zu wenig “Einheimisches” (modern Terroir), fand sich in den Weinen wieder. Da wurde versucht, im übermäßigen Verschnitt mit internationalen Rebsorten wie Merlot únd Cabernet Sauvignon die Kunden wieder zu locken bzw. zu zeigen, dass sich ein Chianti Classico in einer Reihe mit den großen Weinen aus Bordeaux der Welt messen kann. Doch diesen “Einheitsgeschmack” – 5% Cabernet und kräftige Barriquenoten – überdecken 95% toskanischen, eher hellfruchtig-zarten, aber gerbstoff-und säurebetonten Sangiovese. Diesen “gemachten Weingeschmack” gab es anderswo günstiger. Dazu die Geiz ist Geil-Welle (wieso machen eigentlich soviele Menschen Moden mit, zählt eigene Identität nichts mehr??) und die Übersee-Weine kamen ins Rollen und insbesondere der deutsche Konsument wandte sich von der Toscanita ab.

Auch ich, wie ich zugeben muss, um so gespannter war ich auf dieses Wiedersehen nach 5 Jahren. Natürlich habe ich diesen Urlaub bewußt in die 2.und 3. Septemberwoche gelegt, wohlwissend, dass dann die beiden wichtigsten Weinmessen unter freiem Himmel stattfinden und ich eine stattliche Anzahl an Weinen probieren kann, die mir einen Eindruck verschaffen, ob sich der Chianti Classico wieder seiner geschmacklichen Identität widmet.

Davon, wie auch von zahlreichen Besuchen bei bekannten und auch unbekannten, aber hochmotivierten, jungen Winzern, auf die Politik und die Bürokratie schimpfende Kollegen, werde ich die nächsten Tage berichten. Die kulinarische Seite kommt mit zahlreichen Restaurants- und anderweitigen Tipps auch nicht zu kurz, versprochen!

Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf. (Oscar Wilde)