Japanische Winzerin im Rheingau – Mit Hingabe für den deutschen Riesling

Tomoko Kuriyama wird Ihre Weine bei der Neueröffnung unserer Filiale persönlich präsentieren:

K&M Gutsweine
Gluckstr. 20 / Ecke Glauburgstrasse
60318 Frankfurt

Freitag, den 06.11.09 15-22 Uhr

Von Oliver Bock

Tomoko Kuriyama

Tomoko Kuriyama, japanische Betriebsleiterin im Weingut Altenkirch

Wenn die Rede auf die Rebsorte Riesling kommt, beginnt Tomoko Kuriyama sofort zu schwärmen. „Einfach genial“ findet die 41 Jahre alte Japanerin diese Rebsorte, die den Rheingau prägt wie keine andere Weinregion der Welt. Sie lobt die daraus gekelterten Weine mit Charakter, die ihrer Ansicht nach überzeugende, vielschichtige Botschafter des jeweiligen Terroirs sein können. Und sie will mithelfen, dass diese Weine weltweit nicht länger unterbewertete Geheimtipps sind.

Die Gelegenheit dazu hat sie. Tomoko Kuriyama ist eine in Tokio geborene Japanerin, aber sie führt seit drei Jahren eines der aufstrebenden und ambitionierten Lorcher Traditionsweingüter. Mit Erfolg, denn ihre terroirbetonten, reintönigen, mineralischen Weine aus den schieferdurchsetzten Steillagen des unteren Rheingaus haben die Branche aufhorchen lassen.

Dass Tomoko Kuriyama nicht im amerikanischen Nappa Valley oder im französischen Burgund ihre Weine erzeugt, sondern im kleinen Rheingau und dort im entlegenen Lorch, hat viel mit den schicksalhaften Zufällen des Lebens zu tun – und mit einem ganz und gar ungewöhnlichen Lebenslauf. Wie also kommt eine in der Millionenmetropole Tokio gebürtige Japanerin an die Spitze eines Rheingauer Weinguts, zumal sie zunächst ganz andere berufliche Ziele hatte?

Nach Boston-Abstecher 1994 in Gelnhausen gelandet

Tomoko Kuriyama hätte sich nach der Schule gut eine interessante Aufgabe bei den Vereinten Nationen vorstellen können, als sie das Studium der Internationalen Beziehungen in Japans Hauptstadt aufnahm und nach drei Jahren mit einem Bachelor abschloss. Das angestrebte Aufbaustudium in den Vereinigten Staaten als Sprungbrett in die berufliche Karriere wollte sie sich anschließend mit einem Job beim Elektronikkonzern Motorola verdienen, doch dann kamen die Liebe und schließlich zwei Söhne dazwischen.

Kuriyama zog mit ihrem deutschen Mann, einem Banker und Unternehmensberater, zunächst für zwei Jahre nach Boston und landete 1994 schließlich in Gelnhausen, als ihr Mann in Frankfurt eine neue berufliche Herausforderung annahm. Kuriyama indes blieb nicht als Hausfrau zu Hause sitzen. Sie nahm in Frankfurt ein Studium der Betriebswirtschaftslehre auf. Nach dem Vordiplom allerdings sah sie darin keinen Sinn mehr. Es drängte sie vielmehr zu „einer bodenständigen, handwerklichen“ Aufgabe.

In Weingütern schon studienbegleitend engagiert

Von Gelnhausen ist es nicht weit nach Bürgstadt. Dort hat das fränkische Spitzenweingut Paul Fürst seinen Sitz, und hier begann Kuriyama im Jahr 2000 erst ein Praktikum und dann eine dreijährige Lehre. Aber weil sie unsicher war, ob ihr Lebensweg sie nicht vielleicht doch noch einmal ins Ausland führen würde, schloss sie dem Abschluss als Winzergehilfin das international anerkannte Weinbaustudium in Geisenheim an. Bei den verwandtschaftlich verbundenen Weingütern Breuer in Rüdesheim und Altenkirch in Lorch war sie schon studienbegleitend engagiert – und wurde ein Jahr vor dem Studienabschluss und unmittelbar vor Beginn der Weinlese 2007 überraschend zur Betriebsleiterin ernannt.

Sie hat dem 1826 gegründeten Weingut Altenkirch von Beginn an ihren Stempel aufgedrückt: beispielsweise im Streben nach höherer Weinqualität in den Weinbergen durch eine konsequente Vorlese vor der eigentlichen Traubenernte. Dabei wird all das Traubenmaterial entfernt, was einer reintönigen Brillanz der Wein entgegenstehen könnte. In diesen Tagen ist sie dabei, ihren dritten Jahrgang als Betriebsleiterin in den Keller einzubringen. Doch trotz ihrer schon vielfältigen weinbaulichen Erfahrungen sieht sie sich erst ganz am Anfang im Bestreben, den Weinbergen die bestmögliche Qualität abzuringen.

„Mineralische Tropfen müssen auch Kraft und Substanz haben“

„Es dauert fünf bis zehn Jahre, bis man weiß, was man erreichen kann“, sagt Kuriyama, die ihre vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im Weingut Altenkirch schätzt. Sie will das Potential der Lorcher Lagen ausreizen und setzt sich deshalb intensiv mit den Weinbergsböden auseinander. Nach umfangreichen Analysen hat sie entschieden, die Bodenstruktur durch eine sukzessive Erhöhung des Humusanteils allmählich zu verbessern. Dabei hat sie stets die Qualität des Weins im Blick. „Mineralische Tropfen müssen auch Kraft und Substanz haben“, sagt sie mit Überzeugung.

Die intensive Hinwendung der Japanerin zum Rheingauer Terroir bekommen die Kunden von Altenkirch zu schmecken. Und sie müssen sich umgewöhnen: Statt wie in den meisten Weingütern zwischen hierarchisch aufsteigenden Qualitäten und damit zwischen Qualitätswein, Kabinett und Spätlese zu wählen, gilt es bei Altenkirch, sich zwischen Weinen mit Namen wie „Löss“, „Grauschiefer“ oder „Quarzschiefer“ und damit für den Wein eines bestimmten Bodentypus zu entscheiden. Oder gleich zu den betont mineralischen Tropfen zu greifen, die nur dann den Weinbergsnamen auf dem Etikett führen dürfen, wenn sie geschmacklich auch ein Zeugnis ihrer Herkunft ablegen.

Langweilig ist der Japanerin nicht im beschaulich-entlegenen Lorch, auch wenn sie zumindest einmal im Monat die Großstadtluft von Frankfurt und Wiesbaden schnuppern muss. Fast täglich ist sie im Weinberg. Den Rheingau findet sie spannend, und Lorch sei so erfreulich friedlich, „klein und schön“.

Text: F.A.S.
Bildmaterial: Wonge Bergmann