Winzer unter dem Radar: Peter Leipold – Mit Wurzeln & Flügeln – Probepaket Frei Haus in D (ohne Inseln)
Mit Wurzeln und Flügeln
Frankens Image zu charakterisieren, ist gar nicht so einfach. Leise, urig, oft ein bisschen eigenbrötlerisch: Diese Attribute tauchen immer wieder auf, bei Winzern in der Region selbst und auch bei Somms. Gegen Schubladendenken hilft ein Besuch vor Ort – denn zwischen Odenwald und Steigerwald ändert sich im Moment Grundlegendes.
Mit vollem Magen und dem Kopf voller Eindrücke komme ich am Abend bei Peter Leipold in Obervolkach an, wo mich ganz andere Facetten der neuen fränkischen Wein-Avantgarde erwarten. Handwerklich und eigenständig: ja. Hip und natural angehaucht: klares Nein. Der überwiegende Teil des Leipold-Sortiments trägt Etiketten, die man auf den ersten Blick gut und gerne als „Klassisch fränkisch, nur in etwas moderner“ abstempeln könnte – doch bloß nicht täuschen lassen, denn der Inhalt zählt zum Vielversprechendsten, was es zurzeit in der Region gibt. Es ist wie so oft mit dem Propheten und dem eigenen Land: Peters wohl spannendste Erfolge in puncto Fine Wine finden im Export statt, speziell auf englischsprachigen Märkten wie den USA oder Irland. Das hat abgesehen von der hohen Weinqualität verschiedene Gründe. Recap: Sein Vater Paul begann Anfang der 1980er-Jahre mit der Flaschenweinvermarktung, sodass Peter quasi im und mit dem Betrieb aufwuchs. 2006 machte er sein erstes Praktikum bei Fürst, es folgte die Lehre bei der LWG, anschließend ging es raus aus Franken, aber nicht einfach irgendwohin. Insgesamt vier Jahre arbeitete er bei Klaus Peter Keller, zwischendurch bei Comte Liger-Belair in Vosne-Romanée. „Ich erinnere mich noch genau, als ich mit meinem Vater zum ersten Mal bei den Kellers auf den Hof fuhr und schon nach den ersten Momenten mit Klaus Peter und Julia gespürt habe, dass mich diese Zeit sehr prägen wird“, erzählt Peter, als wir uns von der brandneuen Kelterhalle in Richtung Keller bewegen, um diverse Fassproben zu verkosten. Text: Christoph Nicklas
“Für mich ist Peter Leipold auf dem Weg, ein junges Genie zu werden… Peters Weine berühren mein Herz.”. Peter hat ein besonderes Gespür für Wein, etwas, das man in der Schule nicht lernt. Er arbeitete vier Jahre lang hier auf unserem Weingut, bevor er zur Domaine Comte Liger-Belair ins Burgund ging. Seine Silvaner sind großartige, bodengetriebene Weine, die im Glas verdampfen… Was Peter in Franken mit Pinot und Silvaner macht, erinnert mich an das, was Julian Haart an der Mosel macht… (Klaus Peter Keller Weingut Keller – Flörsheim-Dalsheim)
2 Fl. 2024 Silvaner Keuper trocken
Peter Leipolds “Keuper”-Silvaner (Keuper bedeutet Mergel) ist in gewisser Weise der fruchtigste, blumigste und leichteste Silvaner, den Peter herstellt. Das heißt nicht, dass er leicht oder einfach ist. Das ist er wahrlich nicht. Er besitzt immer noch diese brillante Klarheit, diese feine, durchscheinende Säure, die die meisten Weine von Leipold auszeichnet. Sie ist begleitend und niemals vordergründig. Der Keuper Silvaner ist die Visitenkarte des Hauses. Präsentiert sich bereits in diesem jungen Alter sehr offen in der Nase. riechen und schmecken Pfirsich, dezent Zitrusfrüchte, leicht geröstete Mandeln und Feuerstein. Enorm saftiger Charakter, hat Zug am Gaumen, sprich, macht sofort Lust auf das nächste Glas. Höchste Verdunstung-Gefahrenstufe
1 Fl. 2023 Silvaner Obervolkacher Landsknecht Alte Reben “Reserve” trocken
Mit gelb-grünen Reflexen leuchtet dieses wundervolle Unikat im Glas. Herbe, nussige, frisch-vegetabile Nase mit verhaltenen gelbfruchtigen Noten. Etwas Williams-Christ-Birne und getrocknetes Heu. Die fein balancierte Säure und der herbe Charakter machen diesen hochkomplexen, körperreichen, aber niemals fetten, holzgeschwängerten Wein zum Liebling aller Burgunder-Liebhaber. Ungemein präzise und geschliffen wie ein Brillant. Da hat der Winzer bei seiner Station im Burgund bei Liger-Belair aber sowas von aufgepasst. Fast könnte man meinen, einen Chardonnay im Glas zu haben. Großartiges Händchen im Umgang mit Holz von Peter Leipold. Sensationeller Weinwert.
1 Fl. 2023 Obervolkacher Landsknecht Scheurebe Alte Reben trocken
Dieser Wein hat mir die Tür zu den Leupold´schen Weinen geöffnet. Zum 60. Geburtstag begleitete er ein Ceviche vom Lachs, Kohlrabi, Gurke und Dill aus dem Restaurant Bidlabu in Frankfurt vorzüglich. Aber schon bevor das Essen auf dem Tisch stand, begeisterte mich der Wein mit seinen Feinheiten. Scheurebe kann mit seiner plakativen Art schnell überdrüssig werden. Diese aber glänzte mit feinem Duft nach weiße Blüten, Zitrusfrüchten, Sternfrucht, hellen und dunklen Johannisbeeren, Cassis, Anis und etwas grüner Paprika. Mit Luft immer mehr exotische Aromen wie rosa Pampelmuse und Grapefruit. Langes Reife- und Lagerpotential.
2 Fl. 2022 Obervolkacher Landsknecht Spätburgunder unfiltriert trocken
Ein Tipp vorneweg: chambrieren Sie den Wein auf 14 Grad, gerade im Sommer DER Wein zum Grillen. Intensive rote Farbe. Recht feste, herb-saftige Frucht, etwas Bitterschokolade und angedeutet Kaffee am Gaumen, jugendliches, relativ feines Tannin, gewisser Säurebiss, angedeutet Vanille, teils eingemachte Kirschen gute Nachhaltigkeit, gewisse Kraft, saftiger Abgang. Ein Maul voll Spätburgunder, gewisse Fleischigkeit, dabei immer frisch und zupackend. Nicht hochkomplex aber immenser Trinkfluss.
Memo zur Speise
Es muss nicht immer Spargel in allen Variationen sein, jetzt im Mai/Juni 25 ist das ok. Ansonsten lassen sich die Weine vielfältig kombinieren. Ceviche vom Lachs zur Scheurebe, der Spätburgunder ist der Pendant zum Grillen im Sommer. Dann aber auf 14 Grad kühlen
Memo zum Boden
Muschelkalk und Mergel